Prostitution in Karlsruhe | Teil 2/2
Was hilft wirklich?
19.02.2024 27 min
Zusammenfassung & Show Notes
In diesem zweiten Teil unseres Specials zum Thema Prostitution in Karlsruhe tauchen wir tiefer in die Diskussion ein. Die Gastgeberin Petra Lorenz spricht erneut mit Experten wie Erika Mosebach, Patrick Krieg und Justin Shrum über die Herausforderungen und mögliche Lösungsansätze bezüglich des Straßenstrichs in Karlsruhe. Die Diskussion beleuchtet den Sperrbezirk, die Perspektiven der betroffenen Anwohner, die Arbeitsbedingungen der Frauen in der Prostitution und mögliche Modelle zur Verbesserung der Situation. Diese vielschichtige Diskussion bietet Einblicke und Expertenmeinungen zu einem Thema, das weiterhin die Gemüter bewegt.
Transkript
Herzlich willkommen zum zweiten Teil von unserem heutigen Thema Prostitution. Ich
begrüße noch mal die Erika Mosebach, Patrick Krieg und Justin
Shrum. Wir haben ja so ein bisschen die Zahlen, Daten, Fakten zum
Thema Prostitution vorhin beleuchtet und jetzt geht es so ein bisschen, wo
kann man es eingrenzen, muss man es überhaupt eingrenzen, wie sieht die
Zukunft aus, gibt es ein Verbot und was können wir tun, die Sache zu
verbessern? Ich würde gerne mal auf das Thema Straßenstrich kommen. Als
Kommunalpolitikerin beschäftigt mich das ja doch ziemlich.
Es ist natürlich auf der einen Seite, du hast es vorhin schön erklärt, warum die
Frauen das auf der Straße machen, weil sie da eben sage ich jetzt mal keine
Fixkosten haben. Auf der anderen Seite ist natürlich die
betroffene Bevölkerung, die ist nicht so sehr erbaut in ihrem
Wohnviertel oder in ihrer Straße, sei das jetzt durch
Belästigungen, dass selbst dann Anwohner auch belästigt werden durch herumliegenden
Abfall, Kondomreste und so weiter und natürlich auch für Kinder,
die da leben. Und jetzt hat zum Beispiel die SPD ja beantragt, dass in Karlsruhe
der Sperrbezirk ausgeweitet wird. Und wir erhalten ja auch immer wieder
Beschwerden von Anwohnern. Kann man den Sperrbezirk jetzt
eigentlich so unendlich ausweiten? Können wir jetzt sagen, ganz Karlsruhe ist gesperrt von die Prostitution?
Und Bringt uns das was? Für den
Sperrbezirk ist das Regierungspräsidium zuständig.
Nur das Regierungspräsidium könnte eine Sperrbezirksverordnung
erweitern. Es gibt ja seit Jahren eine bestehende Sperrbezirksverordnung,
die den innerstädtischen Bereich Karlsruhe betrifft.
Dazu bräuchte aber auch das Regierungspräsidium eine rechtliche
Grundlage, also erhebliche Straftaten oder
erhebliche Belästigungen der dortigen Anwohnerschaft.
Und in dem Bereich, ähnlich wie in anderen Bereichen,
geht es das subjektive Empfinden der dortigen
Anwohner ein wenig auseinander
im Vergleich zu den tatsächlich
feststellbaren Umständen. Wir sind ja regelmäßig
auf dem Straßenstrich unterwegs. Und was wir wirklich feststellen,
ist eine gewisse Vermüllung. Dass man
Hinterlassenschaft, der nächtliche Tätigkeit feststellt. Das
sind Feuchttücher, auch mal eine Kondomverpackung.
Da hat die Stadt Karlsruhe in der Vergangenheit schon massiv
versucht Abhilfe zu schaffen, indem man einfach
Müllbehältnisse aufgestellt hat. An den bekannten Örtlichkeiten,
was aber Belästigung oder gar Gefährdung
der Anwohner angeht, liegen uns keinerlei
Anzeige vor, die damit in Einklang zu bringen
sind. Ich glaube, dieser Eindruck, den
man dort als Anwohner hat, für den ich durchaus Verständnis habe,
beruht aber oft auch auf subjektive
Erfahrungen, auf der subjektiven Vorstellung, was bedeutet
Prostitution, inwiefern ist Kriminalität automatisch mit
Prostitution verknüpft und dann geht man von einer Gefährdung
aus, die wir als Polizei objektiv so nicht feststellen können.
Vielleicht kannst du auch noch mal sagen, wie jetzt gerade die Sperrverordnung ist.
Genau, also in Dullach gibt es keinen räumlichen
Überbezirk, so wie im Karlsruher innerstädtischen Bereich.
Aber man hat
2014, 15 schon mal über das Thema diskutiert,
weil sich sowohl die Anwohner als auch Gewerbetreibenden
im Bereich des Straßenstrichs darüber beschwert haben, dass
den ganzen Tag Prostitution festzustellen ist. Damals
war es noch rund die Uhr erlaubt auf der Straße. Das ist, glaube ich,
ab 22 Uhr. Und diesen Beschwerden
ist man entgegen gekommen, indem man gesagt hat, Straßenpoststitution
ist in der Zeit von 6 bis 22 Uhr untersagt.
Damit hat man auch den Kontakt zu Gewerbetreibenden überwiegend
rausgenommen. Es gibt eigentlich keinen Kontakt zu Kindern
oder Jugendlichen, die nach 22 Uhr eigentlich auch nicht mehr auf
der Straße sein sollten. Und damit war
eigentlich auch lang relativ
ruhig auf dem Straßenstrich. Diese
vorgebrachten Beschwerden nehmen wir eigentlich
erst wieder wahr, seit diese Pläne über
ein angebliches Großbordell auf der Unterstraße bekannt
wurden. Und das hat dazu geführt, dass das Thema Straßenstrich
aktuell wieder in Alltag kommt, obwohl sich die
objektive Situation seit Jahren eigentlich nicht geändert hat. Gleich
bleibt. Wäre denn aus deiner Sicht jetzt mal so rein hypothetisch, wir würden
das jetzt verbieten, den 6K verbieten oder den Sperrbezirk ausweiten,
ist es dann so befürchtend, dass sich das vielleicht eher in ländlichere Gegend verlagert,
wo man sagt, das ist so eine kleinere Stadt oder ein kleiner Ort, da ist
das Ordnungsamt und die Polizei, die sind da gar nicht so darauf eingerichtet und da
ist eher so im dunklen Kämmerlein, da merkt das nicht gleich jeder,
da wird das nicht gleich gemeldet. Wäre das so dann die Ausweichvariante?
Also ich glaube es sind zwei unterschiedliche Aspekte, ob wir einen
Sexkauf oder Prostitutionsverbot einführen oder einen Sperrbezirk
erweitern. Wenn wir einen Sperrbezirk erweitern oder
darüber diskutieren, den Sperrbezirk zu erweitern, dann wird es
immer zu einer gewissen Verdrängung führen. Weil die Menschen, die in
der Prostitution tätig sind, damit ihren Lebensunterhalt bestreiten und
nicht einfach mit dieser Tätigkeit aufhören können.
Viele werden gar keinen anderen Job finden aufgrund Sprachschwierigkeiten,
mangelnder Ausbildung, oft sogar keinen festen
Wohnsitz. Damit ist die Prostitution die einzige
Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Wenn
man die Prostitution an einer Stelle verbietet, dann wird
man die Menschen dazu zwingen, an einer anderen Stelle zu arbeiten.
Die angesprochenen Gebiete sind durchweg
Gewerbegebiete, wo man von behördlicher
Seite davon ausgeht, dass da noch
die wenigsten Berührungspunkte bestehen und die wenigsten
Belästigungen für die dortige Bevölkerung, verdrängt man
die Prostitution in Wohngebieten, werden die Probleme natürlich
noch zunehmen, zumal im ländlichen Bereich
Prostitution überwiegend verboten ist, weil die Prostitution
erst in Gemeinden ab 35.000
Einwohner ausgeübt werden kann. Was
Sexkaufen angeht, die polizeiliche
Aufgabe im Zusammenhang mit der Prostitutionstätigkeit ist ja,
letztendlich Erkenntnisse zu gewinnen, Bescheid zu wissen, wo wird
der Prostitution nachgegangen,
Straftate zu verfolgen, kriminelle Strukturen zu erkennen
und, was überall steht, die in der Prostitution tätigen
Menschen zu schützen. Und das alles würde deutlich
schwerer werden, wenn wir ein Sexkaufverbot einführen
und die Menschen damit zwingen, in mehr oder weniger
private Bereiche oder in Bereiche
auszuweichen, die uns nicht bekannt sind. Ich
denke nicht, dass die Nachfrage nachlassen wird aufgrund eines
Verbots. Das ist in nahezu allen Kriminalitätsbereichen
so. Auch der Drogekonsum ist überwiegend
verboten. Das ändert aber nichts an der Nachfrage.
Also Insofern hab ich schwerste Bedenken, dass
wir die Arbeitsbedingungen für die Menschen in der Prostitution
eher verschlechtern. Die Zugänge nicht nur für die
Polizei, sondern auch für Fachberatungsstellen, die Angebote
machen zum Ausstieg, zur Hilfe, deutlich erschwert werden.
Wir hatten während der Corona-Zeit meiner Einsicht nach so eine
Art Testlauf, ein mögliches
Prostitutions- oder Sexkaufverbot, weil ja
für geraume Zeit die Landesregierung
das aufgeführt hat, dass lizenzierte oder
konsessionierte gewerbliche Betriebe schließen mussten.
Damit waren die Menschen in der Prostitution gezwungen, in
private Bereiche abzuwandern. Und die Stadt
Karlsruhe hat dann noch für gewisse Zeit ergänzend
ein Setzkaufverbot erlassen. Das Verbot jeglicher
Prostitutionsausübung. Und in dieser Zeit war natürlich festzustellen,
dass es weiterhin Prostitutionen gibt, dass
Prostitutiere weiterhin ihre Dienste anbieten.
Dass aber zum Beispiel in der Internetwerbung nirgends mehr eine Adresse
genannt wurde. Man musste dann natürlich Kontakt über
soziale Medien oder Handy aufnehmen.
Es war sehr, sehr aufwendig, diese Menschen
aufzusuchen. Nicht nur zu kontrollieren, sondern auch
einfach zu schauen, geht es ihnen gut, was gibt es für
Probleme. Und das würde ich natürlich massiv
bei einem Sexkaufverbot sehen. Es gibt Berichte aus
Ländern, in denen das Sexkaufverbot schon besteht,
dass auch die Gewaltbereitschaft der
Freier zunimmt, dass das Verlangen nach verbotenen
Dienstleistungen, also Geschlechtsverkehr ohne Kondom
zunimmt, weil der Freie ja
nicht befürchten muss, dass die Brust die Ideen anzeigt, weil sie
zwar nicht strafrechtlich verfolgt, aber meiner Ansicht nach zumindest
sozial stigmatisiert wird. Die
Frauen haben vermutlich Probleme mit dem Vermieter, mit
einem weiteren Arbeitgeber. Also die soziale Ächtung
gibt es natürlich schon. Und wenn man
mit schwedischen Kollegen spricht, die nicht aus dem Innenministerium
kommt, sondern tatsächlich an der Basis ähnliche
ähm Aufgabe wie ich, dann hört man, dass man in
Schweden natürlich ähm die Ressourcen, die sich
mit Menschenhandel, Zwangsprostitutionen beschäftigen, deutlich
reduziert hat Und dass man die eher drauf verwendet,
den Sexkäufer, den Freier zu verfolgen und zu
bestrafen. Und das ist mir bei vielen anderen Kriminalitätsfeldern
auch, wenn man aufhört, danach zu suchen und sich
darum zu kümmern sinkt die Zahl. Sinkt die Zahl in der Statistik
zwar. Und man hat nach Aussehen eigentlich
den Erfolg erreicht, den man erzielen wollte. Aber besser wird es nicht. Aber In
Wahrheit wird es nicht unbedingt besser, wenn man Pech
hat, sogar schlechter. Justin, Thema Sperrbezirk. Bei
euch ein Thema? Ja, wir haben uns schon an diesem
SPD-Antrag beschäftigt und geschaut.
Zum einen haben wir uns gefragt, ob das dann nicht so
pauschal gedacht über das ganze Karlsruher Gebiet, sondern wirklich so diese
Fiducia Straße, Otterstraße, Mühlburg wurde auch genannt,
wobei wir wissen, das ist nur eine Frau, die das normalerweise tun, arbeite ich. Ich
denke, das ist dann schon weit gestreicht.
Und da haben wir einfach zum einen, habe ich
dann sofort gedacht an diese Idee von der Karlsruher Liste.
Neulich war dann diese eine zentrale Straßenstriche zu erstellen und
ich weiß, dass es von den SPD-Seiten wurde abgelehnt, von ihrer Perspektive,
wobei dieser Vorschlag, wie ich weiß, von der SPD
würde das schon bedeuten, dass der Vatenburgstraße der letzte und
einzigste Straße, wenn ich das einfach rechne, mit was
die dann so vorhaben, aus Straßenstrich, ich find's ein
spannender Gedanke, wenn man sagt, letztendlich ist das ein
anderer Weg, eine zentrale Straßenstrich- Inkasso
zu setzen. Ist schon für sich spannend. Ähm,
Auf der anderen Seite wurde das dann von Wir freuen uns, dass es dann über
Ausstieg und Umstieg und andere Hilfsangebote weiterhin genannt wurde
von Frauenmädchen. Allerdings für uns ist es
primär nichts dieser Hilfe, es ist nicht aus der eindämmenden
Perspektive. Also es ist nicht, also wie Patrick sagte, es ist nicht, als ob
man sagt, okay, jetzt nicht mehr Verlustschutzstraße, Autostraße, sondern kommt alle Frauen zu
uns rein und sagen, jetzt wollen wir aussteigen. Und als
ob dies zusammen direkt kommt, sondern es wird natürlich
andere Bedeutungen für sie geben. Und
da würden wir dann schon gerne so einfach teilweise kritisch
sagen, dass wir uns befreien, dass das perspektivisch
von der SPD weiterhin getragen sein sollte. Und ja,
diese Hilfsangebote, wir sehen das nicht
als Ansatz für die Eindämmung der Prostitution, sondern es ist wirklich,
diese Hilfsangebote, die sind
dringend nötig, aber weil es kommt von den Klientinnen, also weil es in
ihrer Anliege ist und nicht nur, dass es dann von der Gruppe der Bürger,
die es in Interesse gibt, dann nicht mehr in diese Gebiete
diese Tätigkeit zu haben. Aber ich finde diese interessant,
also ich sehe nicht, dass die SPD jetzt bei diesem Antrag
beantragen, dass das allgemein in Karlsruhe ist, sondern wie ich das
lese, gehen sie dann direkt auf Durlach und auf Mühlburg.
Und das wäre schon spannend zu wissen, inwieweit wird das von der
Stadtverwaltung aufgenommen und inwieweit wird
das in der Gemeinderat diskutiert,
doch das ist nur der Vautenburgstraße oder eine
Hauptstraße, der wirklich gedacht wäre für den Straßenstrich Und
ohne Bewertung zu geben, finde ich einfach spannend, dass es von der Karlsruher
Liste das komplett abgelehnt wurde. Und dann auf der anderen Seite kommt dann dieser
Versuch doch, das nur auf der Valtenbrückstraße letztendlich
das alles zu drängen. Gut, Das sind ja oft so politische Geplänkel.
Aber noch mal auf das zurückzukommen. Wir haben natürlich diese zwei Gemengenlagen.
Auf der einen Seite, die Frauen müssen irgendwo ihrem Gewerbe nachgehen und es soll ja
auch noch relativ sicher sein. Also wir können nicht sagen, komplett raus aus der Stadt.
Ihr müsst euch irgendwo da im Wald verabreden. Auf der anderen Seite haben wir
die berechtigten Interessen der betroffenen Anwohner und Geschäftsleute,
wobei ich immer so denke, oft werden ja auch die Kinder und Jugendlichen ins Feld
geführt. Du hast jetzt vorhin gesagt, gebe ich dir vollkommen recht, ist die Frage, ob
die nach 22 Uhr noch unterwegs sein müssen. Und wenn ich so an
mancher Grundschule mal in der Pause bin, muss ich sagen, da kriege ich rote
Ohren, was da für Worte und für Gesten fallen. Also da glaube
ich, da ist so mal ein Kondom im Gebüsch noch harmlos.
Wie die da unterwegs sind, sollten sich vielleicht auch manche Eltern mal anhören.
Erika, du duftetierst das ja quasi, hast dich damit
befasst. Ich hätte jetzt gerne mal so, was wäre denn euer Ansatz?
Wie können wir die Situation verbessern? Zum einen vielleicht für die
Prostituierten, Zum anderen vielleicht auch für die Anwohner. Was können wir tun?
Was können wir als Bürger tun? Was können wir in der Politik
tun? Gibt es irgendwo so ein Best-Practice-Beispiel, wo man sagt, das funktioniert
relativ gut? Sind die sicher?
Schwierig. Also ich bin ja keine Juristin und auf meiner Arbeit mache ich
keine Handlungsempfehlung, sondern will eher quasi
das Problem aufzeigen. Und in meinem
Fall das Problem für politisches Handeln. Und wie wird mir
politisches Handeln beeinflusst? Es gibt ja verschiedene Modelle.
Ich finde es immer schwierig, davon zu reden, das ist ein gutes Modell
oder das nicht, weil es immer so stark von der
Perspektive der Menschen abhängt. Also bin ich quasi
Prostitution moralisch gegenüber positiv gestimmt, sage ich, das ist
irgendwie total berechtigt, das ist irgendwie ein Ausdruck der sexuellen
Selbstbestimmung. Oder selbst wenn es nicht das ist,
aber ich finde es irgendwie berechtigt, dass Frauen unabhängig
von einem irgendwie paternalistischen Staat sagen,
das darf man oder darf man nicht. Dann
finde ich natürlich Modelle gut, wie sie in Neuseeland zu finden
sind, wo das scheinbar relativ gut funktionieren soll.
Was machen die in Neuseeland? Da ist es eben auch sehr liberal. Vielleicht
kannst du es noch ein bisschen genauer sagen. Es ist absolut legal. Aber auch
nicht reguliert. Was genau der Unterschied ist,
weiß ich hauptsächlich nicht. Genau.
Manche finden es gut, wie es in Deutschland ist, dass es einfach
passieren darf. Wenn ich jetzt aber sage, das
ist irgendwie das absolut Böse, es ist immer Gewalt, es
ist die Unterdrückung der Frau durch den Mann, man kann es ja feministisch
auch betrachten, dann würde ich natürlich alle
Modelle gut finden, die darauf anzielen,
Prostitutionen zu verhindern. Von daher, ich finde es ganz schwer, irgendwie zu
sagen, das sind die best practices. Persönlich, wenn ich jetzt nur
aus meiner Perspektive von ausgehe, dann würde ich sagen, es ist
gut, wenn man Ansätze hat, wo man Zugang zu Prostituierten
hat. Ich würde auch sagen, es ist nicht unbedingt Aufgabe des Staates,
moralische Vorgaben zu machen, was man darf und was nicht oder was man
gut findet. Von daher, das was wir jetzt
ja auch schon diskutiert haben, also ich muss Zugang haben als Sozialarbeiterin,
ich muss Zugang haben als Polizeibeamter,
dass ich irgendwie in den Kontakt kommen kann. Das sind für
mich gute Lösungen. Und dann muss man immer davon ausgehen, was wollen denn die
Frauen. Also das wäre für mich der wichtigste Ansatz. Wir reden ja jetzt auch
wieder über die Prostituierten und nicht mit ihnen. Klar haben wir
Zugang durch die Arbeit oder ihr jetzt vor allem auch. Da
hört man ja schon einzelne Stimmen. Aber was wichtig wäre, ist, diese Stimmen
auch lauter zu machen und zu hören, was wollen denn eigentlich die Prostituierten, was halten
die denn eigentlich von so einem nordischen Modell, die auch mit einzubeziehen
in diese ganzen politischen Debatten. Das passiert relativ wenig. Wir
haben zwar in Deutschland eine Lobbygruppe, Wir haben auch einen Sexverband
der Prostituierten oder der Bordellbetreiber,
die versuchen auch mitzureden. Wir haben inzwischen auch eine
Lobbygruppe von Prostituierten, die ausgestiegen sind
und sagen, Nein, das wollen wir nicht. Wir wollen das
nordische Modell. Das gibt es alles. Und ich finde, das ist wichtig, diese
breite Meinung auch irgendwie mit einzunehmen
und mal hinzuhören. Und das ist für den Bürger möglich über, wahrscheinlich
eher nicht, indem man direkt mit den Personen redet. Aber es gibt Biografien,
es gibt viele Berichte und da einfach mal selber
hinzuhören, was funktioniert. Justin, in dem Zusammenhang, ihr
beratet die Frauen, da möchte ich auch noch mit vielleicht ein paar Vorurteilen
aufräumen. Die zahlen auch Steuern, Also das ist ein ganz normales
Gewerbe in der Regel, gerade wenn sie dann über, also wenn sie angemeldet sind, was
der Großteil der ist. Sie haben aber große Schwierigkeiten, also
viele haben keine Krankenversicherung. Und warum ist das
so? Wollen die Krankenversicherung die nicht aufnehmen? Ja, also dass
man so vorstellt, dass das, also in der Prostitution tätig zu sein,
heißt es wirklich selbstständig, so eine Selbstständigtätigkeit und das ist
dann so die ganze Krankenkassetheme ist, dass man muss
dann freiwillig auf Pflichtbeitrag. Richtig, genau. Also wenn man Selbstständigkeitsarbeit
weiß, dann weiß man genau, ganz gut Bescheid. Aber wenn man redet von einem
Bulgaren, die dann auch direkt reingekommen ist und auch
nicht dieses Gesetz weiß, dass es dann wirklich gesetzlich gebraucht
ist, dass sie das hat, dann das ist zum einen dieses Nicht-Verstehen.
Auf der anderen Seite ist es nicht so einfach, so eine Krankenversicherung, der
genau zu diesem Gewerbebereich passt. Und das ist dann
dieses öftere Mal, wo man die Herausforderung findet. Das ist etwas, was wir ganz praktisch
auch aus Teil der Fachgruppe Prostituentenschutzgesetz
Wir zusammenarbeiten, zu schauen, was gibt es für Lösungen, was gibt es für
Möglichkeiten. Das sind ganz praktische und sehr wichtige Fragen für die
Frauen. Das betrifft sie viel öfters, also Gesundheitsthemen
sind bei uns, ich glaube, das ist ein Viertel
von den Themen, die wir haben. Und Ausstieg zum Beispiel ist dann
viel weniger als ein Viertel. Also nicht, dass es da ist, aber das ist dann
Und es liegt nicht darauf, dass wir dann nicht das Angebot haben, weil das manchmal
auch was, was man sagt, das ist der Grund. Sondern es ist wirklich, was sie
damit hauptsächlich beschäftigen. Und beziehungsweise auch, wenn sie
aussteigen möchten, dann kommen sie dann mit einer großen Nachrechnung,
was sie dann bezahlen müssen, wenn sie versucht, in eine Krankenkasse zu kommen. Und das
ist genauso. Also nicht zielführend für sie dann.
Und dann fühlen sie sich wieder gedrungen, wieder rein
in die Prostitution zu gehen. Ich würde dann zu ein paar Punkten
gehen, zu dieser Frage, auch
Perspektive. Und auch allgemein über das nordische Modell zu reden. Für mich
ist es schwierig zu sagen, wenn man redet von einem
nordischen Modell, weil, wie Erika meinte, das ist in jedem Land auch
ein bisschen anders umgesetzt. Und deswegen,
man redet von diesen vier Zäulen. Also die zwei haben wir hauptsächlich darüber
gesprochen, Sexkaufverbot, Arbeitgeberinnen, jungen Frauen. Man
redet bei dem Nordischen Modell, das ist dann auch diese Zäule, dann
die besondere Unterstützung für Hilfsangebote beziehungsweise Ausstiegshilfe.
Und dann auch Aufklärungsarbeit in der Gesellschaft war der
ganze Gedanke von uns Nordschmolders ein gesellschaftliches Wandel zu
setzen. Also auch wenn, also ich rede ein bisschen von der anderen Seite,
ein bisschen Ergänzung zu geben, auch zu
verstehen, weil da gibt es immer natürlich diese Aussage,
vor allem jetzt bei der Corona-Situation, viele sagen im
Gegenargument, das war das nicht, was man eigentlich haben will
bei das Nordschmolda. Wenn das umgesetzt wird, wird es anders aussehen, war
das nicht wegen der Corona-Lage, sondern wegen so einem
Plangesetzwert. Allerdings merkt man
auch, also auch wenn es Bundesmittel geben könnte für
Ausstiegsangebote, Ausstiegshilfe, bis es dann wirklich ankommt,
wir sehen sowieso Landesfördermittel und alles was dann an eine Commune
kommt, wirklich tatsächliche Frauen dann zu helfen, zu unterstützen,
zweifeln wir weiterhin, dass so pauschalig Aussagen,
ja es wird alles gut, wird alles bestens, weil wir geben dann Geld
dafür. Wir sehen, das Geld kommt kurz in Schweden, zum
Beispiel bei der Untersuchung und so. Und
diese utopische Vorstellung, dass alles dann mit dem Nordischen
Modell perfekt wäre oder gut wäre, ist ziemlich klar bei uns dann ein
kritischer Punkt, was wir dann eingehen. Gute Ansätze und das ist
für uns dann wichtig, was wir merken als Organisation ist, dass
egal welches Gesetzeslager es gibt, Es
braucht dann lokal Engagement, also es braucht dieses
Engagement auf kommunaler Ebene, der wirklich bereit ist,
auch diese Multidisziplinarität mit einzubeziehen. Ich
glaube, wir haben wirklich ein gutes Beispiel, der Fachgruppe
Prostituierungsschutzgesetz erlebt, wo wir dann durch
dieses Prostituierungsschutzgesetz die Chance hatten, auch neulich
miteinander zusammenzuarbeiten und zu schauen, an einem
Strang zu ziehen und wirklich zu schauen, was wir als Möglichkeit haben,
praktisch zusammenzuarbeiten und die Frauen praktisch zu unterstützen.
Und ich glaube, ja, ich glaube, es ist Gesetzeslage und das ist nicht selbstverständlich, das
ist nicht in jeder Commune der Fall und
deswegen finde ich schon, es gibt viel in der jetzigen Gesetzeslage,
was man machen kann. Es braucht einfach dieses Engagement
von der freien Gesellschaft, politische Wille, auch von der Kommune und das würde
ich auch Karlsruhe loben. In dem Sinne, ich finde in
Karlsruhe, in der Politik, auch wenn es manchmal
Viel darüber geredet werde, hat das von meiner freien Trägerperspektive
schon viel möglich gemacht für
die einzelnen Frauen, auch in der Prostitution in Karlsruhe. Und
das ist lobenswert. Ja, ist ja schön, wenn jemand auf etwas Positives
geht. Patrick, was wäre so deine Vision, wo du
sagst, da könnte man noch was verbessern oder da geht noch was? Also
ich glaube, Vision ist der richtige Begriff. In
dem Fall ist den Punkt ganz wichtig, den die Erika
angesprochen hat, nämlich die Beteiligung der Menschen, die es eigentlich
geht. Also ich nehme eine öffentliche Diskussion wahr,
die völlig den Menschen in der Prostitution und deren
Bedürfnisse vorbei geht. Auf der einen Seite machen wir
die Menschen ungefragt zu Opfern von Menschenhandel und
Zwei-Prostitutionen, ohne überhaupt einmal mit
ihnen zu sprechen. Und wir sprechen
jedem einzelnen Menschen in der Prostitution die Fähigkeit
ab, selbst zu entscheiden, ob ich dieser Tätigkeit nachgehen
möchte oder nicht. Und auf der anderen Seite gibt es einen Teil der Gesellschaft,
die die Menschen kriminalisiert und an den Rand der Gesellschaft drängt.
Ich würde mir tatsächlich wünschen, dass man nicht über die Menschen, sondern mit den Menschen
spricht, wie Erika sagte. Und tatsächlich,
die Diskussion ist ja berechtigt, dass man über
diese Bereiche spricht, aber dass man
offen diskutiert und mit mehr Toleranz.
Denn je weiter man sich von diesem Thema
entfernt und je weiter man die Menschen an den Rand der Gesellschaft drängt,
desto größer werden die Probleme. Und Ich glaube, dass wir in
einer Zeit leben, wo wir uns einfach damit abfinden müssen, dass
es diese Nachfrage gibt und dass es auch
weiterhin Prostitutionen geben wird, unabhängig von einer Gesetzgebung,
egal wie die aussieht. Und unsere Aufgabe, nicht
nur als Behörde oder als Hilfsorganisation, sondern
als gesamte Gesellschaft muss es sein, einen
Umgang mit der Prostitution zu finden, der sowohl
für die Menschen, die damit ihr Lebensunterhalt bestreiten, als
auch für alle andere, die damit in Berührung kommen, ein
gangbarer Weg wäre. Und daraus sollten wir die Energie
verwenden und nicht aus Überlegungen, was kann man mit einem
Verbot erreichen. Ein sehr, sehr weisses Schlusswort.
Ich bedanke mich bei euch allen für eure Expertise und die
vielschichtige Diskussion. Ich hoffe, liebe
Zuhörer, liebe Zuschauer, dass wir vielleicht mit einigen Vorurteilen,
dass wir die aus der Welt schaffen konnten, dass wir die ausräumen konnten. Ich glaube,
wir hätten noch eine Stunde weiter diskutieren können über das
Thema. Es ist sehr vielschichtig und wahrscheinlich auch noch nicht das
Ende. Das wird uns noch ein paar Mal beschäftigen. Vielen Dank fürs Zuschauen.
Wenn es euch gefallen hat, gebt uns doch ein Like oder schaut beim nächsten Mal
einfach wieder ein. Tschüss!
Untertitel von Stephanie Geiges