Die Lage in Karlsruhe

Politik-Podcast aus der Freien Wähler | FÜR Karlsruhe Fraktion

Kultur kürzen?

Mit Dominika Szope

03.08.2023 21 min

Zusammenfassung & Show Notes

In der heutigen Folge "Kultur kürzen?" von "Die Lage in Karlsruhe" beschäftigen wir uns mit den Budgetkürzungen im Kulturbereich, sowie die Zukunft der Kultur in Karlsruhe. Stadträtin Petra Lorenz hat sich dazu mit Kulturamtsleiterin Dominika Szope unterhalten - der "Queen of Culture". Bereits vor Szopes Amtszeit wurden dem Kulturamt eine halbe Million Euro gekürzt und auch weitere Haushaltssanierungsmaßnahmen haben das Kulturamt belastet. Nun werden die Kürzungen auf alle Kultureinrichtungen aufgeteilt. Besonders kleine Einrichtungen, die in freier Trägerschaft sind, haben bereits unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie gelitten. Die nun kommende zweite Kürzung stellt eine große Herausforderung dar. Während eine Kürzung von 1,5 Prozent für kleinere Einrichtungen noch tragbar ist, ist sie für größere Einrichtungen schwierig, siehe auch unsere Folge mit Bernd Gnann. Die Situation stellt somit eine Herausforderung für alle dar. 


In der Diskussion kommen verschiedene Meinungen zur Kulturförderung zur Sprache. Es gibt Menschen, die der Ansicht sind, dass eine Stadt keine Künstler unterstützen und Mieten subventionieren sollte, da es sich um Steuergelder handelt. Sie argumentieren, dass Künstler selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen sollten, wenn sie Kunst machen wollen.

Auf der anderen Seite wird betont, dass Kultur und kulturelle Einrichtungen wichtige Orte für kritische Auseinandersetzungen und Experimente sind. Daher wird die Förderung von Kultur als sinnvoll erachtet. Es wird auch die neue Haltung des "Audience Development" erwähnt, bei der Kultureinrichtungen stärker auf die Öffentlichkeit zugehen und sich an den Bedürfnissen der Besucher orientieren sollen.

Es wird deutlich, dass Kultureinrichtungen sich den Veränderungen und gesellschaftlichen Herausforderungen anpassen müssen. Ein Reformprozess für die Kulturförderung in Karlsruhe wird angestrebt, der Öffnung und Innovation ermöglichen soll. Dafür sind die Unterstützung der Politik und finanzielle Mittel notwendig.

In Karlsruhe gibt es eine große Ambition von Kulturschaffenden, Kultur zu machen. Es gibt zahlreiche Projekte in den Startlöchern, jedoch auch ein Überangebot an Kultur im Vergleich zur Nachfrage. Die bisherige Förderung wird als nicht nachhaltig betrachtet und eine Reform wird angestrebt, um strukturelle Probleme zu lösen und wirtschaftliche Nachhaltigkeit zu erreichen.

Es wird klargestellt, dass in den nächsten Jahren keine Dynamisierung oder große Unterstützung möglich sein wird. Stattdessen müssen die Rahmenbedingungen verändert und ein Prozess in Gang gesetzt werden, um die Zukunft der Kulturförderung in Karlsruhe zu gestalten.

▸Links

🔗 Rechnungshof kritisiert Badisches Staatstheater:
https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/karlsruhe/badisches-staatsthater-rechnungshof-karlsruhe-100.html

🔗 Sparkurs der Stadt Karlsruhe
https://bnn.de/karlsruhe/karlsruhe-stadt/etat

🔗 Erklärungen zu den Stadtfinanzen
https://www.karlsruhe.de/stadt-rathaus/verwaltung-stadtpolitik/stadtfinanzen

▸Als Video-Podcast auf Youtube:

https://www.youtube.com/playlist?list=PL2d-xPkSlKwOwFVL_MlJvyC2Tygi-Op8h

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Transkript

Dann kam die Überraschung der zweiten Kürzung. Das fiel uns natürlich auf die Füße wie ein Zementblock. Wir sind jetzt so weit, dass wir sagen, die Kultureinrichtungen werden jetzt mit 1, 5 Prozent alle gekürzt. Das ist für die Kleinen gerade noch zu tragen. Für die Großen ist es nicht einfach. 1, 5 Prozent an dem Betrag ist zusätzlich on top. Genau. Ist auch eine Ansage. Also es wird für alle eine Herausforderung werden. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir gemeinsam hier in Karlsruhe einen Reformprozess für die Kulturförderung tatsächlich umsetzen können, der eben niemanden verliert auf der Strecke, der aber einfach eine Öffnung zulässt und die Möglichkeit der Innovation. Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Podcast-Folge von Freie Wähler | FÜR Karlsruhe. Heute aus unserem neuen Studio in unseren neuen Räumen. Ist noch nicht ganz fertig, aber ich finde, es sieht schon ganz gut aus. Könnt ihr mir ja mal schreiben, wie ihr es so findet. Und heute haben wir einen ganz lieben Gast, die Frau Dominika Szope, Chefin ihres Zeichens, Chefin des Kulturamts, sozusagen Queen of Culture. Ja, und Karlsruhe hat ja sehr viel zu bieten. Am Wochenende war das Fest, eines der Großveranstaltungen hier in Karlsruhe. Waren Sie da? Ich war da. Es war eine Wahnsinns-Familienzusammenkunft. Ich glaube, wir hatten hochgerechnet 270.000 Besucher mit Martin Wacker zuletzt. Also wieder eine Wahnsinns-Veranstaltung, eine wahnsinnsfriedfertige Veranstaltung. Tolles Wetter, nicht so heiß. Immer wieder eine große Bewunderung, Kege tatsächlich. Und natürlich auch mit dem Klassikkonzert gestern Morgen, ein wirklich famoser Abschluss mit diesen beiden Konzerten. Nein, also wieder totale Begeisterung. Was war Ihr Favorite? Wo gehen Sie am liebsten hin? Eher Rock, eher Klassik? Oh, ich kann alles. Ich kann Pop, ich kann Rock, ich kann auch Klassik. Das ist immer sehr stimmungsabhängig. Aber ich versuche beim Fest immer so viel wie möglich mitzunehmen. Okay. Frau Zsube, Sie sind jetzt zwei Jahre im Amt, wenn ich richtig weiß. Wie ist es so, als Sie angehen, wenn man so ein Amt antritt, dann hat man ja ein Ding, so ja, ich bring da jetzt Schwung rein, ändere das und ich ändere das und ich habe Vorstellungen von bestimmten Dingen. Ist man so nach zwei Jahren ein Stück weit auf dem Boden der Tatsachen, konnte man davon umsetzen? Ja, also man darf durchaus von Ernüchterung sprechen. Ich begann im Oktober 21 und ich hatte große Bedenken, als es darum ging, tatsächlich Dinge zu verändern, weil meine Vorgängerin 13 Jahre im Amt war. Da werden natürlich viele Dinge einfach konstituiert, manchmal auch zementiert. Und es ist schwer, davon abzukommen. Aber ich traf auf ein fantastisches Team, das eine hundertprozentige Bereitschaft zum Wandel signalisierte, was mir das Leben natürlich extrem vereinfacht hat. Hinzu kam, dass viele Kolleginnen, unter anderem die Leiterin der Städtischen Galerie, auch neu im Amt waren. Wir stellen ohnehin eine sehr große Veränderung im Amt fest. Wir werden in den nächsten sechs Jahren, glaube ich, 50 Personen haben, die in Rente gehen. Also es findet ein Generationsmantel auch im Kulturamt statt. Insofern, das war also eine erste große, sehr, sehr positive Überraschung. Aber ich muss am Ende sagen, ich kam, Kultur zu machen und ich bin jetzt eigentlich, fühle ich mich eher als Fachbrauch für Finanzen und Immobilien. Das ist ein spannender Satz, da kommen wir nachher nochmal drauf. Ja, also wir haben tatsächlich angefangen, sehr vieles zu verändern, indem wir aktualisieren, indem wir versuchen, Dinge auf die Gegenwart stärker anzupassen, auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen. Einfach weil wir sehen, dass viele Dinge eben in einer alten Manier fortgeführt wurden, weil man es eben immer so gemacht hat. Aber da sind, wie gesagt, die Kollegen auch ganz, ganz begeistert davon, das zu verändern und gehen bei allem mit und arbeiten da auch wahnsinnig viel mit, geben unglaublich viel Input und viele Impulse. Also besser kann man es nicht haben in der Hinsicht. Ich glaube, es ist ja immer so, wenn es eine personelle Veränderung in einer Chefetage gibt, man sagt ja nicht, der Volksmund sagt, neue Besen kehren gut, kommt auch junges Blut rein und wie ich es jetzt sage, aber 50 Stellen, die in den Ruhestand gehen, das ist schon eine ganze Menge. Können die denn alle wieder besetzt werden oder werden die alle wieder besetzt? Naja, das sind normale Stellen, die eingerichtet worden sind. Insofern ja, sie können besetzt werden. Man muss sich aber natürlich überlegen, inwieweit, also wir müssen Aufgabenkritik betreiben, inwieweit diese Stellen tatsächlich noch in dieser Funktion auch besetzt werden, inwieweit man vielleicht 20 Prozent daran verändern muss und nach neuen Aufgaben ausrichten muss. Manche Stellen werden in jedem Fall gleich bleiben, weil es sich beispielsweise Aufsichten handelt, die einfach eine ganz feste Arbeitsstruktur haben. In dem Sinne muss man einfach sehr individuell und von Fall zu Fall entscheiden. Okay, jetzt bleibt ja auf unseren Zuhörern nicht verborgen, dass Karlsruhe finanziell vor sehr, sehr großen Herausforderungen steht. Sparzwang ist angesagt und zwar nicht nur für den kommenden Doppelhaushalt, sondern wahrscheinlich für die kommenden, ich sage jetzt mal salopp zehn Jahre, zeichnet sich da nicht wirklich wesentliche Besserung ab. Was bedeutet das für die Kultur in Karlsruhe? Da wird ja auch gespart in verschiedenen Institutionen. Sehen Sie jetzt, dass Sie sagen, naja, eigentlich bin ich angetreten, was Tolles zu bewirken und jetzt bin ich nur zum Sparen und muss überall knapsen und die schlechten Botschaften rüberbringen? Ein bisschen so ist es ja. Also ich bin gerade dabei, die schlechten Botschaften zu überbringen und mit den Kultureinrichtungen zu besprechen, wie es in den nächsten Jahren weitergehen kann. Aber vielleicht noch mal kurz zu Ihrer ersten Frage. Als ich im Oktober 21 kam, war ja bereits eine erste Kürzung auf das Kulturamt niedergekommen. Da hat noch meine Vorgängerin eine halbe Million kürzen müssen, was ich erfuhr, als ich dann im Amt war. Und kurz danach kam dann eben die erste Haushaltssanierungs Maßnahme, wo eben eine große Menge eingespart werden musste. Auf das Kulturamt entfiel auch eine verhältnisgroße Zahl. Wir haben aber diese erste Kürzung tatsächlich... ...Bei den großen Institutionen angesetzt. Nicht nur bei den Großen, bei den beiden Großen, sondern auch beim Kulturamt. Wir haben im Kulturamt selber wahnsinnig viel gekürzt, weil wir alles versucht haben, es an den kleineren Einrichtungen, die in freier Trägerschaft sind, vorbeizubringen, die einfach nach Corona immer noch leiden und dachten eigentlich, wir sind jetzt guter Dinge, wir sind gut aufgestellt, es funktioniert. So Staatstheater, ZKM werden das auch erst mal so hinkriegen. Und dann kam die Überraschung der zweiten Kürzung. Und das fiel uns natürlich auf die Füße wie ein Zementblock. Und wir sind jetzt so weit, dass wir sagen, die Kultureinrichtungen werden jetzt mit 1, 5 Prozent alle gekürzt. Das ist für die Kleinen gerade noch zu tragen. Für die großen ist es nicht einfach. 1, 5 Prozent zusätzlich. Zusätzlich on top. Genau. Ist auch eine Ansage. Also es wird für alle eine Herausforderung werden. Ja, jetzt hatten wir ja in unserem letzten Podcast den Bernd Gnann vom Kammertheater zu Besuch und er hat sich natürlich beschwert, weil Sie haben jetzt gerade gesagt, 1, 5 Prozent nochmal durch alle kleineren Einrichtungen. Und er sagt, bei ihm wird mehr gespart und er fühlt sich ungerecht behandelt. Ja, ich verstehe, dass er das so empfindet. Wiederum ist der Fall des Kammertheaters etwas anders gelagert. Zum einen hat das Kammertheater eine sehr, sehr gute Auslastung. Es hat sich nach Corona gänzlich wieder erholt. Sogar inklusive der Anhebung von Ticketpreisen gehen die Besucher erfreulicherweise weiterhin mit, weil Bernd Gnann einfach ein sehr gutes Programm auflegt. Dazu muss man sagen, dass Bernd Gnann, der ja auch Unternehmer ist, das wirtschaftet ganz anders, als es viele Kultureinrichtungen tun. Und er hat einfach sehr gute Kommunikationskanäle sich im Laufe der Zeit aufgebaut. Da hat er im Grunde auch sehr nachhaltig gedacht und ist in dem Sinne auch den kleineren Kultureinrichtungen da auch in vieler Hinsicht voraus. Jetzt kann man natürlich sagen, die Besten werden bestraft. Ja, so wirkt das fast. Wir dürfen aber nicht vergessen, die Finanzierung der Stadt wie auch die des Landes ist eine Fehlbedarfsfinanzierung. Das heißt, wir füllen im Grunde die Lücken, wo es tatsächlich fehlt. Und wenn man jetzt eben noch bedenkt, dass das Kammertheater auch prädestiniert dafür ist, Spenden einzusammeln und Drittmittel einzusammeln und da sie auch wirklich eine gute Erfahrung damit haben, dann traue ich mich sozusagen mit dieser Aufforderung, da reinzugehen, weil ich einfach weiß, das kommt dann den kleineren Kultureinrichtungen einfach entgegen und wir laufen nicht Gefahr, auf 2 oder auf 2, 5 oder 3 Prozent hochgehen zu müssen, was dann wirklich herbe Einschnitte sind bei Häusern, die immer noch nicht auf 100 Prozent laufen. Waren Sie selbst schon mal im Kammertheater? Ja, mehrere Male. Zuletzt bei Didi Hallervorden. Und jetzt haben Sie überhaupt keinen Fuß erwischt. Also, diese Show must go on, war ich schon zweimal drin. Ich war Zweimal tatsächlich, bevor ich das Kulturamt angeredet habe, oder sogar dreimal. Also schon eine längere Zeit. Okay. Ja, diese Sparrunde, die beschäftigt uns natürlich das Immgemeinderat auch. Und gerade vor dem Hinblick, dass das wahrscheinlich noch eine ganze Weile so geht und das vielleicht auch nicht die letzte Kürzung ist. Und wir ja eine unwahrscheinliche Vielfalt an Kultur hier in Karlsruhe haben und bieten, stellt sich schon die Frage, auch für Sie wahrscheinlich, wo sehen wir denn in Zukunft den Fokus? Können wir noch alle mitnehmen? Machen auch so viele Theaters in Karlsruhe Sinn? Diese Frage habe ich Bergnan auch gestellt. Macht es überhaupt Sinn, so viele verschiedene Theater zu unterhalten und auch die ganz vielen kleinen Einrichtungen, die wahrscheinlich auch nur eine kleine Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern kennt, weil sie halt dieses Genre gern sehen oder hören. Werden wir das in Zukunft alles noch so stemmen können? Oder wo sehen Sie den Fokus für die Zukunft der Kultur? Zunächst einmal kann ja in Karlsruhe, und das ist bekannt, jeder Kultur machen, der Kultur machen möchte. Also wir haben eine unglaubliche Ambition hier in der Stadt, von Kulturschaffenden, von Kunstschaffenden selbst Kultur machen zu wollen. Wir haben zwei Kunsthochschulen, da ist ein unglaubliches Potenzial. Da sind viele Projekte in den Startlöchern, die mit den unterschiedlichsten Mitteln tatsächlich finanziert werden. Ja, wir haben im Verhältnis zur Größe der Stadt ein Überangebot. Das ist auch 2018 in einer Studie attestiert worden. Das heißt, das Angebot ist höher als die Nachfrage, was aber nicht bedeutet, dass die Kultur damit unnötig wird. Die Frage ist doch, wer urteilt? Wer urteilt darüber, ob wir genug haben? Welcher Qualität sozusagen die einzelnen Häuser sind oder von welcher Qualität diese einzelnen Häuser sind? Und diese Möglichkeiten haben wir gar nicht. Bisher funktionierte die Förderung in Karlsruhe so, dass einmal ein Gemeinderatsbeschluss gefällt wurde. Und seitdem gab es immer die Finanzierung. Es wurde nie in Frage gestellt. Es wurde nie evaluiert. Es wurde nie hinterfragt, wie läuft es eigentlich? Es gab keine Mittel, zu dynamisieren, was jetzt viele Häuser tatsächlich in die Bredouille bringt. Also es war in meinen, meines Erachtens, ein nicht wirklich nachhaltiger Förderansatz, der da über Jahrzehnte betrieben worden ist. Und davon müssen wir wegkommen. Wir müssen eine Reform der Kulturförderung durchführen, auch Innovation zu ermöglichen. Wir haben enorme Kosten für Kultur, die auflaufen. Das sind aber Kosten, die gebunden sind. Das heißt, ich habe ein sehr großes Kulturbudget, aber nur ein winzig kleiner Teil davon ist zur freien Verfügung. Das heißt, wenn jetzt junge Leute ein Projekt anbringen, ich bringe immer das Beispiel des Werkstattpalasts an, weil das wirklich so ein tolles Projekt war. Werkstattpalast war eine Gruppe von HFG-Lern, die ein Projekt gemacht haben im Hafen, die wirklich viel Geld in die Hand genommen haben, unglaublich viele Drittmittel eingenommen haben. Roundabout 200.000 hat das Projekt gekostet. Wirklich mit einem guten Programm, mit guten Fragen, die sehr an der aktuellen Gesellschaft dran waren. Ich konnte dieses Projekt mit 1.500 Euro fördern und habe mich im Grund und Boden geschämt. Ja, und wir müssen uns wieder die Möglichkeit geben, sehen Sie, ein Unternehmen, das keine Innovation betreibt, ist sterbenverurteilt. Und so sind wir aber im Moment. Das heißt, wir haben im Grunde ein großes Konvolut etabliert. Da ist viel Qualität dabei. Das ist ein großes Konvolut. Aber wir müssen jetzt mit der Innovation nachkommen. Das bedeutet nicht, dass wir jetzt Dinge abstoßen und sagen, die fördern wir nicht. Aber wir müssen das überprüfen. Wir müssen uns einfach die einzelnen Projekte anschauen. Wir müssen uns die einzelnen Häuser anschauen. Wir müssen auch gucken, wer kann strukturell noch bestehen. Wir haben Häuser, die einfach auch strukturelle Probleme haben. Welche Synergiemöglichkeiten gibt es? Wir können fast für jedes Haus hier in Karlsruhe ein Alleinstellungsmerkmal aufweisen, was fantastisch ist. Das zeigt die Qualität hier. Aber wir müssen auch sehen, wie kann man das wirtschaftlich nachhaltig handhaben? Und das ist jetzt die Antwort auf Ihre Frage. Wie sieht es in den nächsten Jahren aus? Genau auf diese nächsten Jahre müssen wir uns vorbereiten. Wir müssen davon ausgehen, dass wir die nächsten sechs Jahre nicht dynamisieren können, vielleicht auch die nächsten acht Jahre nicht dynamisieren können, dass wir keine weiteren strukturellen großen Unterstützungen herbeiführen können. Das heißt, wir müssen die Rahmenbedingungen verändern. Und das ist ein Prozess, der angegangen werden muss. Ja, es ist ja immer so, auch in der Bevölkerung die Meinung, dass vielleicht so das ein oder andere Genre in Zukunft in der Kultur rausfällt. Ich sage jetzt mal Beispiel Oper oder Operette, wo man sagt, die nachfolgende Generation, die Jüngeren, die interessieren sich dafür nicht mehr. Sehen Sie das auch so? Die Kultur wandelt sich, wie sich auch die Gesellschaft wandelt, wie wir auch weitere Entwicklungen, wie wir die Technologie wahrnehmen. Das Wichtige ist, dass die Kultureinrichtungen das auch im Auge behalten und es ist ein schleichender Prozess, den wir auch einfach beobachten können. Es wird nicht von einem Tag auf den nächsten passieren. Wir haben immer noch ein sehr großes Stammpublikum für die Oper. Ich glaube aber auch, dass die Oper sich selbst wandeln kann. Also ich glaube nicht, wir müssen von Hop oder Top sprechen, sondern wir können auch einmal fragen, wie kann sich denn die Oper sozusagen den aktuellen Bedarfen und Bedürfnissen sozusagen annähern und sich an ihnen orientiert. Ich meine in 80er Jahren entstand die Medienoper, wo der Einsatz von medialen Mitteln das erste Mal wirklich reinkam. Das war ja eine Wahnsinnsaufruhe damals in der Opernwelt, dass man überhaupt so etwas macht. Und ich denke, wir müssen einfach wieder offener werden. Das sage ich jetzt natürlich aus meiner Perspektive. Viele Häuser sind das schon. Aber wir müssen einfach offener werden gegenüber der Veränderung von Formaten. Und daran arbeiten schon viele Kultureinrichtungen, weil sie auch einfach sehen, dass sie sich anders an den Besucher von heute wenden müssen. Also viele haben diese Notwendigkeit schon erkannt. Es gibt ja, ich sage jetzt mal, in der Bevölkerung viele Menschen, die so gar nichts mit Kultur am Hut haben oder relativ wenig, die einmal im Jahr irgendwo hingehen und auch nur, weil sie die Karte geschenkt bekommen, sage ich jetzt mal. Und die haben natürlich schon auch immer so ein bisschen die Meinung und sagen, naja, warum muss eine Stadt überhaupt so viele Künstler fördern, da die Miete unterstützen und so. Das sind ja alles Steuergelder. Wenn die Kunst machen wollen, dann können die das ja machen. Das ist ja Privatvergnügen, aber nicht mit meinem Geld. Also wenn einer sich entscheidet, Kunst zu machen, dann soll er so machen, dass er auch davon leben kann. Also das ist was, was ich draußen immer wieder höre und sage, ja warum wird das mit Steuergeld subventioniert, Warum fließen unsere Gelder da rein? Naja, aber was wird denn subventioniert? Also in dem Fall werden beispielsweise Arbeitsräume subventioniert, die dazu beitragen, dass die Künstler tatsächlich mit ihrer Kunst auch Geld verdienen können, ja, die aber einfach Räumlichkeiten brauchen, die bestimmte Gegebenheiten bedürfen. Der Punkt ist einfach, wir haben eine sehr große Zahl an Nichtbesuchern in Deutschland. Es gibt Schätzungen, die sagen, lediglich 10 bis 15 Prozent der deutschen Bundesbürger gehen ins Museum beispielsweise. Das ist angesichts der großen Menge an Museen, die wir haben, wirklich eine sehr geringe Zahl. Und es ist natürlich verstärkt die Frage, wie kriegen wir die Menschen stärker zur Kultur? Es ist eine neue Haltung zu beobachten. Das Ganze firmiert unter dem Begriff des Audience Development, kommt aus Großbritannien. Und es geht darum, dass die Häuser noch stärker in die Öffentlichkeit hinausgehen. Das heißt, man wartet nicht mehr, bis die Besucher kommen, sondern geht auf die Besucher zu. Das ist insofern wichtig, als dass Kultur und Kultureinrichtungen im Grunde die einzigen Orte in den nächsten 20, 30, 50 Jahren bleiben werden, indem wir noch eine kritische Auseinandersetzung finden können. Denn was passiert? Die Wissenschaft entwickelt, die Wirtschaft rollt aus, die Politik setzt die Rahmenbedingungen. Aber das Erproben von Dingen, das Diskutieren von Dingen, das kritische Hinterfragen, die Auseinandersetzung, die kann nur an Orten der Versammlung finden, die einigermaßen frei sind, sozusagen von diesen sehr reglementierten Bedingungen einfach, die die Möglichkeiten bieten, Dinge zu erproben. Also nehmen Sie das ZKM und das Thema künstliche Intelligenz. Wo können Sie sich denn als Normalsterblicher mit dem Thema künstliche Intelligenz auseinandersetzen als beispielsweise in einer Ausstellung des ZKM? Und solche Räume werden wir einfach zunehmend brauchen. Und deswegen macht es Sinn, Kultur zu fördern. Weil Kultur im Grunde das Rückgrat der Gesellschaft ist, wenn es darum geht, sozusagen uns selbst zurecht zu fährten. Vor allem, glaube ich, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Ja, ganz richtig. Fördert es den Zusammenhalt? Also meine Erfahrung ist auf der anderen Seite, aber auch, wenn man dann einmal in so einer Institution oder in einer Vorstellung war, dann ist man oft so angefixt, dass man sagt, das war so ein toller, so ein schöner Abend, das machen wir nochmal oder ich gehe da. Manchmal bleibt es auch nur bei dem, aber es ist so, man muss es einmal erst kennenlernen. Da kann ich das schon nachvollziehen, dass sie sagen, man muss die Menschen abholen, auch sich mal dafür zu begeistern, sich das mal anzuschauen, was es überhaupt für ein Angebot ist. Die andere Frage wäre, würde es nicht Sinn machen, die Kultur mehr in den öffentlichen Raum zu holen? Das ist die Absicht. Das ist die Absicht. In die Richtung wollen wir jetzt verstärkt arbeiten. Das hat sowohl der neue Intendant des Staatsrates, Herr Firnbach, angekündigt, dass er verstärkt in den öffentlichen Raum gehen will, aber auch Alistair Hudson, der aus Großbritannien kommt, aus Manchester und der auch wirklich dieses Audience Development lebt, strebt auch an, stärker in den öffentlichen Raum zu gehen. Er wird jetzt zum Ende dieses Jahres sein Programm vorstellen für die nächsten Jahre und dann werden wir sehen, was da passiert. Das ist natürlich auch ein Thema, das mit der Idee von UNESCO auch einfach sehr gut einhergeht, weil wir da sehr stark einfach gemeinsam agieren können. Aber ja, unbedingt. Also nicht warten, bis Menschen ins Haus kommen, sondern wirklich rausgehen. Das ist ja, also weil mir, also mir schwebt jetzt so ganz pragmatisch vor, wir haben ja so einen wunderschönen neuen Marktplatz. Und warum da nicht mal sonntagsmorgens so eine Sonntagsmartinee machen, mit einem Orchester oder mit nur Teilen davon, die Bürger auch mal den aufzuzeigen, was da geleistet wird und halt auch so eine schöne Stimmung zu erzeugen und eine Verknüpfung mit dem oder eine Identifikation mit der eigenen Kultur. Ich denke, ich kann mir gut vorstellen, wenn sich die Baustellensituation in der Kaiserstraße so ein bisschen nach Ost und West weiter verlagert sozusagen, dass wir dann auch wirklich mehr Programme auf dem Marktplatz werden anbieten können. Wobei nochmal, das Kulturamt wird nicht der Veranstalter sein. Das Kulturamt hat im Grunde den Status angemeldet, ein Ermöglicher zu sein, aber kein Veranstalter. Das heißt, wir werden versuchen, den Einrichtungen den Weg zu ebnen, diese Dinge realisieren zu können. Wir werden das auch konkret vorschlagen. Aber es bleibt dann letztendlich den Einrichtungen überlassen, wobei ich da sehr positiv dem Vorhaben entgegenfahre. Frau Zschope, wenn Sie drei Wünsche frei hätten, berufliche, was würden Sie sich wünschen? Oh, was ich mir wünschen würde? Ich würde mir in der kommunalen Verwaltung schnellere Entscheidungswege wünschen. Ich glaube auch, da bin ich nicht allein mit dieser Idee. Nein, ich würde mir tatsächlich sehr stark, ich brauche da keine drei Wünsche zu formulieren, ich würde mir sehr wünschen, dass wir gemeinsam hier in Karlsruhe einen Reformprozess für die Kulturförderung tatsächlich umsetzen können, der eben niemanden verliert auf der Strecke, der aber einfach eine Öffnung zulässt und die Möglichkeit der Innovation erlaubt in den nächsten Jahren, denn die werden wir meines Erachtens benötigen und da braucht es einfach die Unterstützung der Politik, dieses Vorhaben realisieren zu können. Es braucht natürlich auch finanzielle Mittel, da werden wir sehen, worauf wir da zurückgreifen können, neue Töpfe auch generieren zu können. Aber das wäre eigentlich mein größter Wunsch im Moment. Prima. Dann bedanke ich mich für das aufschlussreiche Gespräch. Ja, das war es schon wieder. Ich bedanke mich bei euch fürs Zuhören und Zuschauen und freue mich aufs nächste mal bis dann tschüss Untertitel von Stephanie Geiges