Kultur kürzen?
Mit Dominika Szope
03.08.2023 21 min
Zusammenfassung & Show Notes
In der heutigen Folge "Kultur kürzen?" von "Die Lage in Karlsruhe" beschäftigen wir uns mit den Budgetkürzungen im Kulturbereich, sowie die Zukunft der Kultur in Karlsruhe. Stadträtin Petra Lorenz hat sich dazu mit Kulturamtsleiterin Dominika Szope unterhalten - der "Queen of Culture". Bereits vor Szopes Amtszeit wurden dem Kulturamt eine halbe Million Euro gekürzt und auch weitere Haushaltssanierungsmaßnahmen haben das Kulturamt belastet. Nun werden die Kürzungen auf alle Kultureinrichtungen aufgeteilt. Besonders kleine Einrichtungen, die in freier Trägerschaft sind, haben bereits unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie gelitten. Die nun kommende zweite Kürzung stellt eine große Herausforderung dar. Während eine Kürzung von 1,5 Prozent für kleinere Einrichtungen noch tragbar ist, ist sie für größere Einrichtungen schwierig, siehe auch unsere Folge mit Bernd Gnann. Die Situation stellt somit eine Herausforderung für alle dar.
In der Diskussion kommen verschiedene Meinungen zur Kulturförderung zur Sprache. Es gibt Menschen, die der Ansicht sind, dass eine Stadt keine Künstler unterstützen und Mieten subventionieren sollte, da es sich um Steuergelder handelt. Sie argumentieren, dass Künstler selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen sollten, wenn sie Kunst machen wollen.
Auf der anderen Seite wird betont, dass Kultur und kulturelle Einrichtungen wichtige Orte für kritische Auseinandersetzungen und Experimente sind. Daher wird die Förderung von Kultur als sinnvoll erachtet. Es wird auch die neue Haltung des "Audience Development" erwähnt, bei der Kultureinrichtungen stärker auf die Öffentlichkeit zugehen und sich an den Bedürfnissen der Besucher orientieren sollen.
Es wird deutlich, dass Kultureinrichtungen sich den Veränderungen und gesellschaftlichen Herausforderungen anpassen müssen. Ein Reformprozess für die Kulturförderung in Karlsruhe wird angestrebt, der Öffnung und Innovation ermöglichen soll. Dafür sind die Unterstützung der Politik und finanzielle Mittel notwendig.
In Karlsruhe gibt es eine große Ambition von Kulturschaffenden, Kultur zu machen. Es gibt zahlreiche Projekte in den Startlöchern, jedoch auch ein Überangebot an Kultur im Vergleich zur Nachfrage. Die bisherige Förderung wird als nicht nachhaltig betrachtet und eine Reform wird angestrebt, um strukturelle Probleme zu lösen und wirtschaftliche Nachhaltigkeit zu erreichen.
Es wird klargestellt, dass in den nächsten Jahren keine Dynamisierung oder große Unterstützung möglich sein wird. Stattdessen müssen die Rahmenbedingungen verändert und ein Prozess in Gang gesetzt werden, um die Zukunft der Kulturförderung in Karlsruhe zu gestalten.
▸Links
🔗 Rechnungshof kritisiert Badisches Staatstheater:
https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/karlsruhe/badisches-staatsthater-rechnungshof-karlsruhe-100.html
🔗 Sparkurs der Stadt Karlsruhe
https://bnn.de/karlsruhe/karlsruhe-stadt/etat
🔗 Erklärungen zu den Stadtfinanzen
https://www.karlsruhe.de/stadt-rathaus/verwaltung-stadtpolitik/stadtfinanzen
▸Als Video-Podcast auf Youtube:
https://www.youtube.com/playlist?list=PL2d-xPkSlKwOwFVL_MlJvyC2Tygi-Op8h
#Kulturkarlsruhe #Kulturförderung #Budgetkürzungen #Kulturamt #Kultureinrichtungen #Kunsthochschulen #InnovationindeKultur #GemeinschaftdurchKultur #Kulturzugänglichmachen #Kulturveränderungen #KulturundGesellschaft #AudienceDevelopment #Künstlerunterstützung #Kulturkritik #Experimenteinkultur #Reformprozess #FinanzielleMittel #NachhaltigeKulturförderung #Kulturambitionen #StrukturelleVeränderungen #WirtschaftlicheNachhaltigkeit #Rahmenbedingungenändern #DieLageinKarlsruhe
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Transkript
Dann kam die Überraschung der zweiten Kürzung. Das fiel uns natürlich auf die
Füße wie ein Zementblock. Wir sind jetzt so weit, dass wir sagen, die
Kultureinrichtungen werden jetzt mit 1, 5 Prozent alle gekürzt.
Das ist für die Kleinen gerade noch zu tragen. Für die Großen ist es
nicht einfach. 1, 5 Prozent an dem Betrag ist
zusätzlich on top. Genau. Ist auch eine Ansage. Also es wird
für alle eine Herausforderung werden. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir
gemeinsam hier in Karlsruhe einen Reformprozess
für die Kulturförderung tatsächlich umsetzen können, der eben
niemanden verliert auf der Strecke, der aber einfach eine
Öffnung zulässt und die Möglichkeit der Innovation.
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Podcast-Folge von
Freie Wähler | FÜR Karlsruhe. Heute aus unserem neuen Studio in unseren
neuen Räumen. Ist noch nicht ganz fertig, aber ich finde, es sieht schon ganz gut
aus. Könnt ihr mir ja mal schreiben, wie ihr es so findet. Und heute haben
wir einen ganz lieben Gast, die Frau Dominika
Szope, Chefin ihres Zeichens, Chefin des Kulturamts, sozusagen
Queen of Culture. Ja, und Karlsruhe
hat ja sehr viel zu bieten. Am Wochenende war das Fest, eines
der Großveranstaltungen hier in Karlsruhe. Waren Sie da?
Ich war da. Es war eine Wahnsinns-Familienzusammenkunft. Ich glaube, wir hatten
hochgerechnet 270.000 Besucher mit Martin Wacker
zuletzt. Also wieder eine Wahnsinns-Veranstaltung, eine wahnsinnsfriedfertige
Veranstaltung. Tolles Wetter, nicht so heiß. Immer wieder eine große
Bewunderung, Kege tatsächlich. Und natürlich auch mit dem Klassikkonzert
gestern Morgen, ein wirklich famoser Abschluss mit
diesen beiden Konzerten. Nein, also wieder totale
Begeisterung. Was war Ihr Favorite? Wo gehen Sie am liebsten hin? Eher Rock, eher
Klassik? Oh, ich kann alles. Ich kann
Pop, ich kann Rock, ich kann auch Klassik. Das ist immer sehr stimmungsabhängig.
Aber ich versuche beim Fest immer so viel wie möglich mitzunehmen. Okay.
Frau Zsube, Sie sind jetzt zwei Jahre im Amt, wenn ich richtig
weiß. Wie ist es so, als Sie angehen, wenn man so ein Amt antritt,
dann hat man ja ein Ding, so ja, ich bring da jetzt Schwung rein, ändere
das und ich ändere das und ich habe Vorstellungen von bestimmten
Dingen. Ist man so nach zwei Jahren ein Stück weit auf dem Boden der
Tatsachen, konnte man davon umsetzen? Ja, also man
darf durchaus von Ernüchterung sprechen. Ich begann im
Oktober 21 und ich hatte große Bedenken, als es darum ging, tatsächlich Dinge zu
verändern, weil meine Vorgängerin 13 Jahre im Amt war. Da werden natürlich viele
Dinge einfach konstituiert, manchmal auch zementiert. Und es
ist schwer, davon abzukommen. Aber ich traf auf ein fantastisches
Team, das eine hundertprozentige Bereitschaft
zum Wandel signalisierte, was mir das Leben natürlich extrem vereinfacht
hat. Hinzu kam, dass viele Kolleginnen, unter anderem die
Leiterin der Städtischen Galerie, auch neu im Amt waren.
Wir stellen ohnehin eine sehr große Veränderung im Amt fest. Wir werden in den
nächsten sechs Jahren, glaube ich, 50 Personen haben, die in
Rente gehen. Also es findet ein Generationsmantel auch im
Kulturamt statt. Insofern, das war also eine
erste große, sehr, sehr positive Überraschung. Aber ich muss am Ende sagen,
ich kam, Kultur zu machen und ich bin jetzt eigentlich, fühle ich mich
eher als Fachbrauch für Finanzen und Immobilien. Das ist ein spannender Satz, da
kommen wir nachher nochmal drauf. Ja, also wir haben tatsächlich
angefangen, sehr vieles zu verändern, indem wir aktualisieren, indem wir
versuchen, Dinge auf die Gegenwart stärker
anzupassen, auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen.
Einfach weil wir sehen, dass viele Dinge eben in einer alten Manier
fortgeführt wurden, weil man es eben immer so gemacht hat. Aber da sind, wie gesagt,
die Kollegen auch ganz, ganz begeistert davon, das zu verändern und gehen
bei allem mit und arbeiten da auch wahnsinnig viel mit, geben unglaublich
viel Input und viele Impulse. Also besser kann man es nicht haben in
der Hinsicht. Ich glaube, es ist ja immer so, wenn es eine personelle Veränderung
in einer Chefetage gibt, man sagt ja nicht, der Volksmund sagt, neue Besen
kehren gut, kommt auch junges Blut rein und wie ich es jetzt
sage, aber 50 Stellen, die in den Ruhestand gehen, das ist schon eine ganze
Menge. Können die denn alle wieder besetzt werden oder werden die alle wieder besetzt?
Naja, das sind normale Stellen, die eingerichtet worden sind. Insofern ja, sie
können besetzt werden. Man muss sich aber natürlich
überlegen, inwieweit, also wir müssen Aufgabenkritik betreiben,
inwieweit diese Stellen tatsächlich noch in dieser Funktion auch besetzt
werden, inwieweit man vielleicht 20 Prozent daran verändern muss und nach neuen
Aufgaben ausrichten muss. Manche Stellen werden in jedem Fall gleich bleiben,
weil es sich beispielsweise Aufsichten handelt,
die einfach eine ganz feste Arbeitsstruktur haben. In dem Sinne muss
man einfach sehr individuell und von Fall zu Fall entscheiden. Okay,
jetzt bleibt ja auf unseren Zuhörern nicht verborgen, dass Karlsruhe
finanziell vor sehr, sehr großen Herausforderungen steht.
Sparzwang ist angesagt und zwar nicht nur für den kommenden Doppelhaushalt,
sondern wahrscheinlich für die kommenden, ich sage jetzt mal salopp zehn
Jahre, zeichnet sich da nicht wirklich wesentliche Besserung
ab. Was bedeutet das für die Kultur in Karlsruhe? Da
wird ja auch gespart in verschiedenen Institutionen.
Sehen Sie jetzt, dass Sie sagen, naja, eigentlich bin ich angetreten, was
Tolles zu bewirken und jetzt bin ich nur zum Sparen
und muss überall knapsen und die schlechten Botschaften
rüberbringen? Ein bisschen so ist es
ja. Also ich bin gerade dabei, die schlechten Botschaften zu überbringen und
mit den Kultureinrichtungen zu besprechen, wie es in den nächsten Jahren
weitergehen kann. Aber vielleicht noch mal kurz zu Ihrer ersten Frage.
Als ich im Oktober 21 kam, war ja bereits eine erste Kürzung auf
das Kulturamt niedergekommen. Da hat noch meine Vorgängerin eine halbe
Million kürzen müssen, was ich erfuhr, als ich dann im Amt
war. Und kurz danach kam dann eben die erste Haushaltssanierungs
Maßnahme, wo eben eine große Menge eingespart
werden musste. Auf das Kulturamt entfiel auch eine
verhältnisgroße Zahl. Wir haben aber
diese erste Kürzung tatsächlich... ...Bei den großen Institutionen
angesetzt. Nicht nur bei den Großen, bei den beiden Großen, sondern auch beim Kulturamt.
Wir haben im Kulturamt selber wahnsinnig viel gekürzt, weil wir alles versucht
haben, es an den kleineren Einrichtungen, die in freier Trägerschaft sind, vorbeizubringen,
die einfach nach Corona immer noch leiden und dachten eigentlich, wir sind jetzt guter
Dinge, wir sind gut aufgestellt, es funktioniert. So Staatstheater, ZKM werden
das auch erst mal so hinkriegen. Und dann kam die Überraschung der zweiten
Kürzung. Und das fiel uns natürlich auf die Füße wie ein Zementblock.
Und wir sind jetzt so weit, dass wir sagen, die Kultureinrichtungen werden
jetzt mit 1, 5 Prozent alle gekürzt. Das ist
für die Kleinen gerade noch zu tragen. Für die großen ist es nicht
einfach. 1, 5 Prozent zusätzlich. Zusätzlich on
top. Genau. Ist auch eine Ansage.
Also es wird für alle eine Herausforderung werden. Ja, jetzt
hatten wir ja in unserem letzten Podcast den Bernd Gnann vom Kammertheater
zu Besuch und er hat sich natürlich beschwert, weil Sie haben jetzt gerade gesagt, 1,
5 Prozent nochmal durch alle kleineren Einrichtungen. Und er
sagt, bei ihm wird mehr gespart und er fühlt sich ungerecht
behandelt. Ja, ich verstehe, dass er das so
empfindet. Wiederum ist der Fall des Kammertheaters etwas anders gelagert.
Zum einen hat das Kammertheater eine sehr, sehr gute Auslastung. Es hat sich nach
Corona gänzlich wieder erholt. Sogar inklusive der Anhebung
von Ticketpreisen gehen die Besucher erfreulicherweise weiterhin mit, weil
Bernd Gnann einfach ein sehr gutes Programm auflegt. Dazu muss man
sagen, dass Bernd Gnann, der ja auch Unternehmer ist, das wirtschaftet
ganz anders, als es viele Kultureinrichtungen tun. Und er
hat einfach sehr gute Kommunikationskanäle sich im Laufe der Zeit
aufgebaut. Da hat er im Grunde auch sehr nachhaltig gedacht
und ist in dem Sinne auch den kleineren Kultureinrichtungen da auch in vieler
Hinsicht voraus. Jetzt kann man natürlich sagen, die Besten werden
bestraft. Ja, so wirkt das fast. Wir dürfen aber nicht vergessen, die
Finanzierung der Stadt wie auch die des Landes ist eine Fehlbedarfsfinanzierung.
Das heißt, wir füllen im Grunde die Lücken, wo es tatsächlich fehlt. Und wenn
man jetzt eben noch bedenkt, dass das Kammertheater auch prädestiniert
dafür ist, Spenden einzusammeln und Drittmittel einzusammeln und da
sie auch wirklich eine gute Erfahrung damit haben,
dann traue ich mich sozusagen mit dieser Aufforderung, da reinzugehen, weil
ich einfach weiß, das kommt dann den kleineren Kultureinrichtungen
einfach entgegen und wir laufen nicht Gefahr, auf 2 oder auf 2, 5 oder 3
Prozent hochgehen zu müssen, was dann wirklich herbe Einschnitte sind bei
Häusern, die immer noch nicht auf 100 Prozent laufen. Waren
Sie selbst schon mal im Kammertheater? Ja, mehrere
Male. Zuletzt bei Didi Hallervorden. Und
jetzt haben Sie überhaupt keinen Fuß erwischt.
Also, diese Show must go on, war ich schon zweimal drin. Ich war Zweimal
tatsächlich, bevor ich das Kulturamt angeredet habe,
oder sogar dreimal. Also schon eine längere Zeit.
Okay. Ja, diese Sparrunde, die beschäftigt uns
natürlich das Immgemeinderat auch. Und gerade vor dem Hinblick,
dass das wahrscheinlich noch eine ganze Weile so geht und das vielleicht auch nicht die
letzte Kürzung ist. Und wir ja eine unwahrscheinliche Vielfalt
an Kultur hier in Karlsruhe haben und bieten, stellt sich
schon die Frage, auch für Sie wahrscheinlich, wo sehen wir denn in
Zukunft den Fokus? Können wir noch alle mitnehmen? Machen auch so
viele Theaters in Karlsruhe Sinn? Diese Frage habe ich Bergnan auch
gestellt. Macht es überhaupt Sinn, so viele verschiedene Theater zu unterhalten und auch die
ganz vielen kleinen Einrichtungen, die wahrscheinlich auch nur eine
kleine Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern kennt, weil sie halt dieses Genre gern
sehen oder hören. Werden wir das in Zukunft alles noch so stemmen
können? Oder wo sehen Sie den Fokus für die Zukunft der Kultur? Zunächst
einmal kann ja in Karlsruhe, und das ist bekannt, jeder Kultur machen,
der Kultur machen möchte. Also wir haben eine unglaubliche Ambition hier in der
Stadt, von Kulturschaffenden, von Kunstschaffenden selbst Kultur
machen zu wollen. Wir haben zwei Kunsthochschulen, da ist ein unglaubliches
Potenzial. Da sind viele Projekte in
den Startlöchern, die mit den unterschiedlichsten Mitteln
tatsächlich finanziert werden. Ja, wir haben im Verhältnis zur Größe der
Stadt ein Überangebot. Das ist auch 2018 in einer Studie attestiert
worden. Das heißt, das Angebot ist höher als die Nachfrage,
was aber nicht bedeutet, dass die Kultur damit unnötig wird.
Die Frage ist doch, wer urteilt? Wer urteilt darüber, ob
wir genug haben? Welcher Qualität sozusagen
die einzelnen Häuser sind oder von welcher Qualität diese einzelnen
Häuser sind? Und diese Möglichkeiten haben wir gar nicht. Bisher
funktionierte die Förderung in Karlsruhe so, dass einmal ein Gemeinderatsbeschluss
gefällt wurde. Und seitdem gab es immer die Finanzierung. Es wurde nie in
Frage gestellt. Es wurde nie evaluiert. Es wurde nie hinterfragt, wie läuft
es eigentlich? Es gab keine Mittel, zu dynamisieren, was jetzt viele
Häuser tatsächlich in die Bredouille bringt. Also es war in meinen,
meines Erachtens, ein nicht wirklich nachhaltiger Förderansatz, der
da über Jahrzehnte betrieben worden ist. Und davon müssen wir wegkommen.
Wir müssen eine Reform der Kulturförderung durchführen,
auch Innovation zu ermöglichen. Wir haben enorme
Kosten für Kultur, die auflaufen. Das sind aber Kosten, die
gebunden sind. Das heißt, ich habe ein sehr großes Kulturbudget, aber nur ein
winzig kleiner Teil davon ist zur freien Verfügung. Das
heißt, wenn jetzt junge Leute ein Projekt anbringen, ich bringe immer das Beispiel
des Werkstattpalasts an, weil das wirklich so ein tolles Projekt war.
Werkstattpalast war eine Gruppe von HFG-Lern, die ein
Projekt gemacht haben im Hafen, die wirklich viel Geld in die Hand genommen haben,
unglaublich viele Drittmittel eingenommen haben. Roundabout
200.000 hat das Projekt gekostet. Wirklich mit einem guten Programm, mit
guten Fragen, die sehr an der aktuellen Gesellschaft dran
waren. Ich konnte dieses Projekt mit 1.500 Euro fördern und
habe mich im Grund und Boden geschämt. Ja, und wir müssen uns
wieder die Möglichkeit geben, sehen Sie, ein Unternehmen, das keine Innovation
betreibt, ist sterbenverurteilt. Und
so sind wir aber im Moment. Das heißt, wir haben im Grunde ein großes Konvolut
etabliert. Da ist viel Qualität dabei. Das ist ein großes Konvolut.
Aber wir müssen jetzt mit der Innovation nachkommen. Das bedeutet nicht, dass wir jetzt
Dinge abstoßen und sagen, die fördern wir nicht. Aber wir müssen das
überprüfen. Wir müssen uns einfach die einzelnen Projekte anschauen. Wir
müssen uns die einzelnen Häuser anschauen. Wir müssen auch gucken, wer kann strukturell
noch bestehen. Wir haben Häuser, die einfach auch strukturelle Probleme haben. Welche
Synergiemöglichkeiten gibt es? Wir können fast für jedes Haus hier
in Karlsruhe ein Alleinstellungsmerkmal aufweisen, was fantastisch ist. Das
zeigt die Qualität hier. Aber wir müssen auch sehen, wie kann man
das wirtschaftlich nachhaltig handhaben? Und das ist jetzt die Antwort auf Ihre Frage. Wie sieht
es in den nächsten Jahren aus? Genau auf diese nächsten Jahre müssen wir uns vorbereiten.
Wir müssen davon ausgehen, dass wir die nächsten sechs Jahre nicht dynamisieren können, vielleicht
auch die nächsten acht Jahre nicht dynamisieren können, dass wir keine weiteren
strukturellen großen Unterstützungen herbeiführen können. Das heißt, wir müssen
die Rahmenbedingungen verändern. Und das ist
ein Prozess, der angegangen werden muss. Ja, es ist ja
immer so, auch in der Bevölkerung die Meinung, dass vielleicht so das ein oder andere
Genre in Zukunft in der Kultur rausfällt. Ich sage jetzt mal Beispiel Oper oder
Operette, wo man sagt, die nachfolgende Generation, die Jüngeren, die interessieren
sich dafür nicht mehr. Sehen Sie das auch so?
Die Kultur wandelt sich, wie sich auch die Gesellschaft wandelt, wie wir
auch weitere Entwicklungen, wie wir die Technologie wahrnehmen.
Das Wichtige ist, dass die Kultureinrichtungen das auch im Auge behalten und es ist ein
schleichender Prozess, den wir auch einfach beobachten können. Es wird nicht
von einem Tag auf den nächsten passieren. Wir haben immer noch ein sehr großes Stammpublikum
für die Oper. Ich glaube aber auch, dass die Oper sich selbst
wandeln kann. Also ich glaube nicht, wir müssen von Hop oder Top sprechen, sondern wir
können auch einmal fragen, wie kann sich denn die Oper sozusagen den
aktuellen Bedarfen und Bedürfnissen sozusagen annähern und sich an
ihnen orientiert. Ich meine in 80er Jahren entstand die Medienoper, wo
der Einsatz von medialen Mitteln das erste Mal wirklich reinkam. Das war
ja eine Wahnsinnsaufruhe damals in der Opernwelt, dass man
überhaupt so etwas macht. Und ich denke, wir müssen einfach
wieder offener werden. Das sage ich jetzt natürlich aus meiner Perspektive. Viele Häuser sind
das schon. Aber wir müssen einfach offener werden gegenüber der Veränderung von Formaten.
Und daran arbeiten schon viele Kultureinrichtungen, weil sie auch einfach sehen,
dass sie sich anders an den Besucher von heute wenden müssen. Also
viele haben diese Notwendigkeit schon erkannt. Es gibt ja,
ich sage jetzt mal, in der Bevölkerung viele Menschen, die so gar nichts mit Kultur
am Hut haben oder relativ wenig, die einmal im Jahr irgendwo hingehen
und auch nur, weil sie die Karte geschenkt bekommen, sage ich jetzt mal. Und
die haben natürlich schon auch immer so ein bisschen die Meinung und sagen, naja,
warum muss eine Stadt überhaupt so viele Künstler fördern, da die
Miete unterstützen und so. Das sind ja alles Steuergelder. Wenn die Kunst
machen wollen, dann können die das ja machen. Das ist ja Privatvergnügen, aber nicht mit
meinem Geld. Also wenn einer sich entscheidet, Kunst zu machen, dann soll er
so machen, dass er auch davon leben kann. Also das ist was, was ich draußen
immer wieder höre und sage, ja warum wird das mit Steuergeld
subventioniert, Warum fließen unsere Gelder da rein? Naja, aber
was wird denn subventioniert? Also in dem Fall werden beispielsweise Arbeitsräume
subventioniert, die dazu beitragen, dass die Künstler tatsächlich mit ihrer Kunst auch Geld
verdienen können, ja, die aber einfach Räumlichkeiten brauchen, die
bestimmte Gegebenheiten bedürfen. Der Punkt ist
einfach, wir haben eine sehr große Zahl an Nichtbesuchern in Deutschland.
Es gibt Schätzungen, die sagen, lediglich 10 bis 15
Prozent der deutschen Bundesbürger gehen ins Museum beispielsweise. Das ist
angesichts der großen Menge an Museen, die wir haben, wirklich eine sehr geringe Zahl.
Und es ist natürlich verstärkt die Frage, wie kriegen wir die Menschen stärker zur
Kultur? Es ist eine neue Haltung zu
beobachten. Das Ganze firmiert unter dem Begriff des Audience Development,
kommt aus Großbritannien. Und es geht darum, dass die
Häuser noch stärker in die Öffentlichkeit hinausgehen. Das heißt, man wartet nicht mehr, bis die
Besucher kommen, sondern geht auf die Besucher zu. Das ist insofern wichtig,
als dass Kultur und Kultureinrichtungen im Grunde die einzigen
Orte in den nächsten 20, 30, 50 Jahren bleiben
werden, indem wir noch eine kritische Auseinandersetzung finden
können. Denn was passiert? Die Wissenschaft entwickelt, die Wirtschaft rollt
aus, die Politik setzt die Rahmenbedingungen. Aber das Erproben von
Dingen, das Diskutieren von Dingen, das kritische Hinterfragen, die
Auseinandersetzung, die kann nur an Orten der Versammlung finden, die
einigermaßen frei sind, sozusagen von diesen sehr
reglementierten Bedingungen einfach, die die Möglichkeiten bieten,
Dinge zu erproben. Also nehmen Sie das ZKM und das Thema künstliche Intelligenz.
Wo können Sie sich denn als Normalsterblicher mit dem Thema künstliche Intelligenz
auseinandersetzen als beispielsweise in einer Ausstellung des ZKM?
Und solche Räume werden wir einfach zunehmend brauchen. Und deswegen macht es Sinn,
Kultur zu fördern. Weil Kultur im Grunde das Rückgrat der
Gesellschaft ist, wenn es darum geht, sozusagen uns selbst zurecht zu fährten.
Vor allem, glaube ich, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Ja, ganz richtig. Fördert es
den Zusammenhalt? Also meine Erfahrung ist auf der anderen Seite, aber auch, wenn man dann
einmal in so einer Institution oder in einer Vorstellung war,
dann ist man oft so angefixt, dass man sagt, das war
so ein toller, so ein schöner Abend, das machen wir nochmal oder ich gehe da.
Manchmal bleibt es auch nur bei dem, aber es ist so, man muss es einmal
erst kennenlernen. Da kann ich das schon nachvollziehen, dass sie sagen, man muss die
Menschen abholen, auch sich mal dafür zu begeistern, sich das mal anzuschauen,
was es überhaupt für ein Angebot ist. Die andere Frage wäre, würde es nicht
Sinn machen, die Kultur mehr in den öffentlichen Raum zu holen? Das ist die
Absicht. Das ist die Absicht. In die Richtung wollen wir jetzt verstärkt arbeiten. Das
hat sowohl der neue Intendant des Staatsrates, Herr Firnbach,
angekündigt, dass er verstärkt in den öffentlichen Raum gehen will,
aber auch Alistair Hudson, der aus Großbritannien kommt, aus Manchester
und der auch wirklich dieses
Audience Development lebt, strebt auch an, stärker in den
öffentlichen Raum zu gehen. Er wird jetzt zum Ende dieses Jahres sein Programm
vorstellen für die nächsten Jahre und dann werden wir sehen, was da passiert. Das
ist natürlich auch ein Thema, das mit der Idee von UNESCO auch einfach sehr
gut einhergeht, weil wir da sehr stark einfach
gemeinsam agieren können. Aber ja, unbedingt. Also nicht warten, bis Menschen
ins Haus kommen, sondern wirklich rausgehen. Das ist ja, also weil mir, also mir
schwebt jetzt so ganz pragmatisch vor, wir haben ja so einen wunderschönen neuen Marktplatz.
Und warum da nicht mal sonntagsmorgens so eine Sonntagsmartinee
machen, mit einem Orchester oder mit nur Teilen davon, die
Bürger auch mal den aufzuzeigen, was da geleistet wird und
halt auch so eine schöne Stimmung zu erzeugen und eine Verknüpfung mit
dem oder eine Identifikation mit der eigenen Kultur. Ich denke, ich kann mir gut
vorstellen, wenn sich die Baustellensituation in der Kaiserstraße so ein bisschen nach
Ost und West weiter verlagert sozusagen, dass wir dann auch
wirklich mehr Programme auf dem Marktplatz werden anbieten können. Wobei nochmal, das
Kulturamt wird nicht der Veranstalter sein. Das Kulturamt hat im Grunde den
Status angemeldet, ein Ermöglicher zu sein, aber kein
Veranstalter. Das heißt, wir werden versuchen, den Einrichtungen den Weg zu
ebnen, diese Dinge realisieren zu können. Wir werden das auch konkret
vorschlagen. Aber es bleibt dann letztendlich den Einrichtungen überlassen,
wobei ich da sehr positiv dem Vorhaben entgegenfahre. Frau
Zschope, wenn Sie drei Wünsche frei hätten, berufliche, was würden
Sie sich wünschen? Oh, was ich mir wünschen würde? Ich
würde mir in der kommunalen Verwaltung schnellere Entscheidungswege
wünschen. Ich
glaube auch, da bin ich nicht allein mit dieser Idee. Nein, ich würde
mir tatsächlich sehr stark, ich brauche da keine drei Wünsche zu formulieren, ich würde mir
sehr wünschen, dass wir gemeinsam hier in Karlsruhe einen
Reformprozess für die Kulturförderung tatsächlich
umsetzen können, der eben niemanden verliert auf der
Strecke, der aber einfach eine Öffnung zulässt und die
Möglichkeit der Innovation erlaubt in den nächsten Jahren, denn die werden
wir meines Erachtens benötigen und da braucht es einfach die Unterstützung der
Politik, dieses Vorhaben realisieren zu können. Es
braucht natürlich auch finanzielle Mittel, da werden wir sehen,
worauf wir da zurückgreifen können, neue Töpfe auch generieren
zu können. Aber das wäre eigentlich mein größter Wunsch im Moment.
Prima. Dann bedanke ich mich für das aufschlussreiche Gespräch. Ja, das
war es schon wieder. Ich bedanke mich bei euch fürs Zuhören und Zuschauen und
freue mich aufs nächste mal bis dann tschüss
Untertitel von Stephanie Geiges