Die Lage in Karlsruhe

Politik-Podcast aus der Freien Wähler | FÜR Karlsruhe Fraktion

Finanzkrise Karlsruhe: Die fehlenden Millionen

mit Gabriele Luczak-Schwarz

30.05.2025 31 min

Zusammenfassung & Show Notes

Krisenzeiten, Streichungen, politische Verantwortung – das sind die Herausforderungen, mit denen Gabriele Luczak-Schwarz, Erste Bürgermeisterin und Finanzbürgermeisterin von Karlsruhe, derzeit konfrontiert ist. Im Gespräch mit unseren Hosts Micha Schlittenhardt und Friedemann Kalmbach gibt sie exklusive Einblicke in die aktuelle finanzielle Lage Karlsruhes, erläutert die Folgen gestiegener Defizite und haushaltswirtschaftlicher Sperren und spricht ehrlich über die Auswirkungen für Stadtgesellschaft und Verwaltung. Ein Sparvorschlag, der vor allem Familien mit mehren Kindern trifft, ist die Streichung des Zweitkinderzuschusses für den Kita.

Warum muss gerade jetzt so viel gespart werden? Was unterscheidet Pflicht- von freiwilligen Aufgaben einer Kommune – und warum stehen gerade Kultur- und Sozialangebote so sehr im Fokus - bspw. der Zweitkinderzuschuss in der Kita? Wie sieht der Spagat zwischen Investitionen in städtische Infrastruktur und nachhaltiger Finanzierung aus? Und: Was passiert eigentlich, wenn eine Stadt ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen kann?

Gemeinsam mit Luczak-Schwarz richten wir den Blick auf die kommenden Doppelhaushalte, diskutieren den Balanceakt zwischen Sparzwang und Erhalt der Lebensqualität und beleuchten die Rolle von Verwaltung, Gemeinderat und Bürgerschaft im Umbruch.

▸Links

◉ Aktuelles zur Finanzlage der Stadt Karlsruhe
https://www.karlsruhe.de/stadt-rathaus/verwaltung-stadtpolitik/stadtfinanzen

◉ Haushaltsperre selbst verhängt
https://www.karlsruhe.de/stadt-rathaus/aktuelles/meldungen/haushaltssperre-verhaengt-gruenes-licht-fuer-vorgehensweise

◉ Haushaltszahlen 2024/25
https://primary.axians-ikvs.de/sj/Produkthaushalt.xhtml?kid=185b19qf18jl18cg18jl185b185b185b185b185b185b185b185b185b185b18jh18ce18jh19pz185b&jahr=2024&typ=19iy1abm1abg19j8


Transkript

Herzlich willkommen zu 1 neuen Folge von Die Lage in Karlsruhe. Heute haben wir einen ganz besonderen Gast, Frau Erste Bürgermeisterin Luczak Schwarz und auch Finanzbürgermeisterin in Karlsruhe. Schön, dass Sie heute da sind. Mit am Tisch noch unser Stadtrat Friedemann Kallenbach und heute geht es natürlich auch Finanzen. Aber zuerst als erste Frage, wie geht es Ihnen persönlich in solchen turbulenten Zeiten an der Spitze von 1 Stadtverwaltung? Ja, also letztendlich sind es schon Zeiten in der Intensität, die wir in den vergangenen Jahren nicht hatten. Ich meine, ich bin ja seit 2000 im Stadtrat eingezogen. Wir haben immer Situationen gehabt, dass wir über Reduktionen und Ertragssteigerungen diskutiert haben, aber jetzt in der Dimension, was derzeit auf dem Tisch liegt, ist schon einmalig und es kostet schon viel Kraft, auch hausintern und natürlich insgesamt dann das große Schiff Karlsruhe zusammen mit dem Oberbürgermeister und den Kollegen auf Kurs zu halten. Gibt es Punkte, wo Sie zur Ruhe kommen? Meine Familie. Ehrlich? Meine Familie. Also wenn ich zu Hause bin und ich bin dann daheim und im Werkelbüssel im Garten oder lese dann ein Buch, dann kann ich auch abschalten und zur Ruhe kommen. Kommen Sie überhaupt dazu? Ja, Ja, klar. Das mache ich schon. Wir haben jetzt die Situation, dass das Defizit sich verdoppelt hat bei der Stadt und es auch Auflagen gibt vom Regierungspräsidium. Wir müssen sozusagen sparen oder Dinge einsparen, die wir uns davor leisten konnten. Wie kam es zu dieser Situation? Also die Frage zielt ja auf das Jahr 2025 und in der Tat haben wir durch die November-Steuerschätzung, in dem es halt auf der Ertragsseite Einbrüche gab und auf der Ausgabenseite doch Steigerungen, mit denen wir in der Planphase nicht gerechnet haben. Man muss immer dazu sagen, der Haushalt wurde ja anderthalb Jahre vorher eingebracht. Wir sind ja im zweiten Jahr des Doppelhaushalts 2025 Und da sah das natürlich im Juli 2023 noch alles optimistischer aus, als dann die November-Steuerschätzung und die wirtschaftliche Entwicklung aufgezeigt hat. Die Wirtschaft schwächelt, das merken wir extrem, auch bei der Entwicklung der Gewerbesteuer. Und das hat natürlich sofort Auswirkungen auf unseren Haushalt. Wir sind mit einem Defizit gestartet und wir haben das Defizit verdoppelt und das war auch dann der Zeitpunkt, dass Karlsruhe erstmals eine haushaltswirtschaftliche Sperre verhängt hat. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass wir mit der haushaltswirtschaftlichen Sperre einen guten Vorschlag gemacht haben für den Stadtrat, weil wir den größten Teil der 50 Millionen, wieder auf diese minus 47 Millionen Ausgangsposition zu kommen, aus den Gesellschaften entnehmen und aus der Kämmererieverwaltung, das heißt dann aus allen Ämtern, in Anführungszeichen nur 15 Millionen erwirtschaftet werden muss. Was natürlich für die einzelnen Bereiche auch eine Kraftanstrengung sein wird. Aber das ist im Verhältnis von 50, ob man 50 umlegt oder nur 15 Millionen zu erwirtschaften hat, aus den Ämtern, denke ich, durchaus leistbar. Die Frage stellt sich schon, war es nicht erwartbar, dass auch mal so eine Krise, so eine Phase kommt? Also wir über viele, viele Jahre haben jetzt immer einen Anstieg in der Einnahmenseite gehabt, die Ausgabenzeiten entsprechend gestiegen, aber dass nun ein Einbruch kommt, ist doch was Natürliches im Zyklus 1 Wirtschaft. War das jetzt tatsächlich so überraschend? In der Dimension schon überraschend. Keiner hat an einen Ukraine-Krieg gedacht und keiner jetzt auch noch ergänzend dazu. Ich sage jetzt einen Präsidenten Trump, der quasi das Exportland Deutschland sehr schwächt durch die hohen Zölle. Das dürfen wir nicht unterschätzen, was das für Auswirkungen auf die Entwicklung der Wirtschaftlichkeit der Unternehmen hat und der Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen in Deutschland. Als Finanzbürgermeisterin habe ich dieses stets aufgezeigt, aber der Gemeinderat hat natürlich als Herr des Haushaltes natürlich viele Maßnahmen noch zusätzlich in den Haushalt hineingenommen, die aus Sicht der Räte für die Entwicklung des Standortes und der Gesellschaft halt wichtig waren. Und es ist halt im Finanzbereich so, wenn die Erträge zurückgehen, können nicht in der gleichen Geschwindigkeit auch die Ausgaben gesenkt werden, weil da stecken halt verpflichtende Maßnahmen hinter vertragliche Verpflichtungen, Arbeitsplätze auch in Institutionen, die halt damit Personal finanzieren mit unseren Zuschüssen. Das kann man auf Knopfdruck nicht lösen. Da braucht man dann ein Konzept, das sukzessive und verträglich abzuschmelzen. Gibt es schon Lösungen oder Ideen, wo man die 15 Millionen, die jetzt noch zu leisten sind, her bekommt? Also wir hatten die Dienststellen aufgefordert bis Ende März Vorschläge zu erarbeiten. Die liegen auch alle vor und die werden jetzt plausibilisiert von der Stadtkämmerei. Wir haben als Finanzdezernat mit dem Oberbürgermeister stets formuliert, dass wir im Juni mit 1 Vorlage in die Gremien kommen, in dem wir mit Blick auf die Mai-Steuerschätzung dann entscheiden, wie wir mit der haushaltswirtschaftlichen Sperre umgehen. Unser Ziel ist, diese dann aufzuheben. Damit hätten wir dann einen reduzierten Haushalt 2025 und damit könnte das Jahr 2025 ordnungsgemäß bewirtschaftet werden. Das ist dann erstmal die erste Stufe. Die schwierigere Stufe wird dann der Doppelhaushalt 2026, 2027 sein. Es ist ja jetzt schon sichtbar, dass die ersten Kürzungen, die bekannt wurden, sich schnell beschlossen, dass die Menschen sich aufregen darüber, dass sie sagen, das ist unser Anrecht, praktisch, das haben wir bis jetzt genossen, und wenn wir das jetzt wegnehmen, dann brechen wir sozusagen mit unserer Finanzplanung weg. Die Frage ist, wird unsere Gesellschaft durch diese Kürzungen nicht in Unruhe kommen? Was erwarten Sie? Also letztendlich ist es eine Frage des Miteinanders. Also ich glaube, dass sowohl Verwaltung als natürlich auch der Gemeinderat als auch die Gesellschaft mit ihren Institutionen sich bewusst sein muss, was passiert denn, wenn wir es nicht machen. Also die Frage müssen wir uns ja immer stellen. Wir sind ja eine Gebietskörperschaft, die der Rechtsaufsicht des Regierungspräsidiums untersteht und das heißt, bekommen wir unsere Probleme nicht in den Griff und wir sind nicht mehr in der Lage, handlungsfähig und finanzfähig zu sein, dass wir nicht mehr unsere Rechnungen und unsere Verpflichtungen bezahlen können. Dann gibt es in Baden-Württemberg halt die Vorgabe, dass ein sogenannter Staatskommissär kommt und dann die Handlungsfähigkeit dem entsprechenden Oberbürgermeister und auch dem Rat natürlich aus der Hand nimmt und wir dann fremdgesteuert sind. Und ich glaube, das will keiner. Und das muss uns zusammenschweißen, Lösungen zu finden. Das wird nicht einfach, weil wir befinden uns in der sogenannten vierten Stufe der Haushaltssicherung Und wir haben in den vorherigen 3 Stufen schon sehr viel abgeschmolzen, abgesenkt, sodass eine Flexibilität in dem Bereich, wo keiner was merkt, eigentlich nicht mehr da ist. Und das sieht man ja jetzt auch schon mit den ersten Reaktionen der betroffenen Bereiche, die sich natürlich Sorge machen ihre Zukunft. Und das dürfen wir weder als Verwaltung, und das wird auch der Gemeinderat sicher nicht außer 8 lassen im Rahmen der Gesamtbetrachtung. Gab es das schon mal, dass ein Kommissär eingesetzt worden ist über Karlsruhe, die Finanzen zu kontrollieren? Nein, und das wollen wir auch nicht. Gab es das woanders schon mal? Ich glaube, in Baden-Württemberg kenne ich aus meiner beruflichen Vita keine Stadt. Natürlich haben wir solche Entwicklungen in Nordrhein-Westfalen. In den 70er, 80er Jahren sind komplette Städte mit Haushaltssicherungskonzepten lahmgelegt worden, die eigentlich dann nur noch Pflichtaufgaben machen durften, mit der Folge, dass Schwimmbäder geschlossen wurden, Bibliotheken geschlossen wurden, die Standards auf die reinen gesetzlichen Standards zurückgeführt werden mussten. Ich hatte letztens ein Telefonat mit 1 Kollegin, die sagt, in der Nachbargemeinde, da sagte Staatskommissär, wie die Bibliothek geöffnet hat, nämlich nur 2 Stunden in der Woche und ansonsten ist die zu, weil wir das Personal dafür nicht finanzieren können und auch die Sachkosten reduzieren mussten. Vielleicht erklären Sie noch das Wort Pflichtaufgaben. Ja, also eine Kommune hat verschiedene Aufgaben zu erledigen. Zum einen haben wir Bundes- und Landesaufgaben, die wir verpflichtend zu erfüllen haben. Zum Beispiel müssen wir Kita-Plätze schaffen. Das ist eine Pflichtaufgabe. Die müssen wir schaffen. Aber wie wir sie ausgestalten, wie die Betreuungsschlüssel sind, wie die Standards hinsichtlich der Struktur der Kita sind. Das Ob liegt uns wieder selbst. Also das Ob ist entschieden, das heißt die Kommune muss das und das Wie kann die Kommune gestalten. Und dann haben wir sogenannte freiwillige Aufgaben, da gehören alle Aufgaben aus dem Kulturbereich dazu, da gehören die Bäder dazu, da gehört der Sport dazu. Das sind sogenannte freiwillige Aufgaben, die eine Kommune natürlich macht, zur Gestaltung ihrer Stadt, auch der Bürgerschaft, entsprechende Leistungen zur Verfügung zu stellen. Die sind aber nicht gesetzlich verpflichtend. Aber die freiwilligen Aufgaben sind es, was die Stadt lebenswert und sozusagen mit Charme ausstattet. Ja, die freiwilligen Aufgaben sind, Maßnahmen zu kreieren, die Gesellschaft auch zusammenzuführen. Das wären sozusagen die Spielplatzdichte beispielsweise, die Schwimmbilder hatten Sie ja schon angesprochen, der Zweitkinderzuschuss, aber auch viele andere Aufgaben darüber hinaus, die man so als selbstverständlich nimmt, wie die Stadt- und Jugendbibliothek, wo man gerne ist, was gerne ausleihen kann, wofür zur Verfügung gestellt wird, auch andere Kleinigkeiten, die wir haben. Und wenn man sozusagen dieses düstere Bild nimmt, würde es bedeuten, eigentlich müssen wir gemeinsam jetzt als Stadtgesellschaft, zusammen mit der Verwaltung und dem Gemeinderat, das verhindern, dieses Szenario verhindern, dass all diese Dinge eingestrichen werden. Genau. Also das ist die Aufgabe in den nächsten Monaten, also für die Aufstellung des Doppelhaushalts 26-27. Da haben wir ja im letzten Gemeinderat eine Informationsvorlage eingebracht, dass insgesamt 80 Millionen aus dem Ergebnishaushalt entsprechend reduziert werden müssen. Die Erhebungen, Vorschlagsprüfungen laufen momentan in den Ämtern. Und da wird es mit dem Rat und auch mit den Institutionen zu vertieften Diskussionen kommen müssen. Was können wir uns noch leisten und was können wir uns nicht leisten? Was ist gesetzlich vorgegeben und wo haben wir Spielräume, Standard zu reduzieren? Jetzt wird ja oft so Großprojekte wie die Staatstheater genannt als Gegenspieler, ich sag mal, zu Maßnahmen wie Zweitkinderzuschuss oder günstigere Kita. Wie verhält sich das? Wir haben ja 2 Haushalte. Ja, Es wird immer in einem Topf geworfen. Das macht es insofern schwierig, weil man es nicht gegeneinander aufwägen kann. Ich will es vielleicht an Beispiel 1 Finanzierung 1 Familie deutlich machen. Eine Familie Erhält jeden Monat das Arbeitsentgelt von Vater und Mutter. Und das ist die Grundlage für ihre Ausgaben. Davon werden dann die Fixkosten abgezogen, Miete, Steuern, die sie haben müssen, Versicherungsbeiträge, das Geld, was für die Bewirtschaftung, für die Lebensmittel benötigt wird, die Kleidung, vielleicht das Taschengeld für die Kinder, gegebenenfalls auch noch eine Rate, die sie zahlen müssen, weil ein Kredit aufgenommen wurde. Und dann dieses Zusammen, das nennt man Ergebnishaushalt. Das ist das, was im Ergebnishaushalt drin ist. Und dann bleibt ein Teil übrig, was man vielleicht auf die Seite legt, wo man vielleicht ein Sparbuch anlegt oder vielleicht Wertpapiere anlegt, was anzusparen, sich im Notfall gerüstet zu sein, gegebenenfalls vielleicht auch eine Modernisierung in der Wohnung vorzunehmen oder eine kaputte Waschmaschine oder einen Kühlschrank zu finanzieren. Dieser Teil ist bei uns der sogenannte Finanzhaushalt. Andersrum gesagt, wenn der Ergebnishaushalt keine Überschüsse abwirft, habe ich kein Geld für den Finanzhaushalt. Oder, wenn man es auf den Punkt bringt, hätten wir das badische Staatstheater jetzt nicht im Finanzhaushalt, hätte es zunächst erst mal keine Auswirkung auf diese desolate Situation im Ergebnishaushalt. Natürlich hat dann hinterher die Unterhaltung und dann auch die Abschreibungen, die dann dort zu erwirtschaften sind, haben dann auch wieder Auswirkungen im Ergebnishaushalt. Aber gleichzeitig steigen die Verschuldungsrate in Karlsruhe permanent an, wenn der Ergebnishaushalt nichts erwirtschaftet oder wenig und wir geben 200 Millionen bis 200 Millionen aus. Das heißt, unsere Verschuldung steigt. Was erwarten wir denn da? Also wir haben natürlich in den letzten Jahren sehr hohe Investitionsvolumina im Finanzhaushalt gehabt. Wir haben sehr viel im Schulbereich auch erneuert. Ich denke da jetzt, denken Sie an die Berufsschulen, denken Sie an in Durlach an die Schlossschule, beispielsweise auch die Dreifeldsporthalle, Denken Sie an die Schlossschule in Durlach, beispielsweise auch die Dreifeldsporthalle in Oberreuth, die doppelte Dreifeldsporthalle, die Lina-Radke-Halle, die Europa-Halle. Also wir haben schon Mittel in die Stadthalle, in die Infrastruktur investiert, die natürlich wichtig ist, weil wir diese Infrastruktur natürlich auch benötigen für unsere Bürgerschaft. Wir können ja auch nicht denen gar nichts machen, weil dann haben wir Situationen, dass wir ganze Gebäude auch schließen müssen. Und ich sage immer, der Vergleich zu Nordrhein-Westfalen, die haben die Schulen in den letzten 15, 20 Jahren eigentlich total runter gewirtschaftet. Da geht gar nichts mehr. Da werden ja alle Schulen teilweise abgerissen und jetzt müssen neu finanziert werden, wo auch die Kommunen mit dem Land Nordrhein-Westfalen in der Diskussion sind, wie das finanziert werden soll. Diese Situation haben wir nicht. Also wir haben trotz dieser engen Finanzsituation doch sehr viel in die Infrastruktur investiert, auch vor dem Hintergrund, dass wir damit Kredite aufnehmen mussten. Und ich habe als Finanzbürgermeisterin immer gesagt, Kredite sind ja nicht vom Grund aus schlecht, sondern Kredite kann ich aufnehmen, wenn ich mit Zins und Tilgung leisten kann. Und unsere Kredite in der Stadt Karlsruhe sind so aufgenommen, dass sie innerhalb 1 Generation zurückgezahlt werden müssen. So dass wir das auch als generationsgerecht... Das werden 30 Jahre? 25 Jahre. 25 Jahre, dass wir sagen, das ist auch generationsgerecht, dass die Generation, die sich dafür entschieden hat, dafür auch sorgt, dass dieser Kredit zurückgezahlt wird. Durch die insgesamt Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Bundesrepublik und da natürlich auch die Auswirkungen auf die Ertragsseite, kommen wir jetzt aber in einen Grenzbereich, dass wir auch in Karlsruhe aufpassen müssen, dass wir noch in der Lage sind, Zins und Tilgung zu erwirtschaften. Das wird die große Herausforderung sein. Und die ist natürlich kausal damit verbunden, dass die Wirtschaftssituation sich dramatisch verändert hat. Und der zweite Aspekt ist mir auch sehr wichtig. Da ist ja unser Oberbürgermeister als Präsident des Städtetages auch vehement auf Landes- und Bundesebene unterwegs. Wir haben halt zahlreiche Aufgaben vom Bund und vom Land als Vollzugsaufgaben gesetzlich verordnet bekommen, aber wir haben nicht die Mittel bekommen, diese dann auch auszufüllen. Das heißt, die Kommune ist immer mehr in der Not, eigene kommunale Mittel, die sie vielleicht dann eigentlich lieber für freiwillige Aufgaben und für Gestaltungsaufgaben in Karlsruhe einsetzen würde, in diese Pflichtaufgaben zu schieben, weil dazu sind wir gesetzlich verpflichtet. Beispiel ist die Schaffung des Rechtsanspruchs für Grundschulen. Das ist ein Versprechen in Berlin. Wer muss es ausführen? Die Städte. Die Städte müssen entsprechende Maßnahmen und das Personal dafür stellen, aber wir haben keine auskömmliche Finanzierung und das wird eine Riesenherausforderung sein, wie dieser Rechtsanspruch dann auch umgesetzt werden soll. Zeichnet sich da schon ab, dass es Unterstützungsmöglichkeiten noch gibt vom Land oder vom Bund oder dass es die überhaupt nicht geben wird unter der jetzigen Lage? Es stehen ja im Raum diese 100 Milliarden aus diesem 500 Milliarden Paket des Bundes. 100 Milliarden bundesweit ist natürlich dann auch nicht die Riesensumme, die dann auf Baden-Württemberg zukommt. Und wenn man das dann wieder runterrechnet, auf die Kommunen sind es vielleicht kleinere zweistellige Millionenbeträge, die da eventuell generiert werden können. Also man hat erkannt, dass man etwas tun muss auf Bundes- und auf Landesebene, aber die Maßnahmen sind nicht ausreichend, die eingeleitet worden sind. Also wir brauchen auf jeden Fall auf Bundesebene eine Veränderung der Steuerflüsse, einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer sollten den Kommunen zur Verfügung gestellt werden, dass die Mittel auch unmittelbar dann bei uns ankommen, damit wir unsere Aufgaben auch erfüllen können. Okay, eigentlich wäre es fair, dass wir entsprechend ausgestattet werden mit Finanzmitteln. Ja, nicht nur fair, sondern es ist gesetzlich vorgegeben, Herr Kallenbach, weil das Lonexitätsprinzip im Grundgesetz verankert ist. Und wer bestellt, bezahlt auch, Nur leider bestellt der Bund und bezahlen tun die Kommunen. Die Frage für mich ist, sind wir seitlich verpflichtet, das auch trotzdem zu tun, als die Pflichtaufgaben, oder können wir uns als Stadt weigern, manches umzusetzen? Wir können uns insofern nicht weigern, weil natürlich die Bürgerinnen und Bürger einen gesetzlichen Einklaganspruch haben. Das haben ja auch manche Städte schon im Kita-Bereich, dass dann die Eltern einen Platz einklagen, weil zu wenig Plätze zur Verfügung gestellt wurden. Das gab es in Karlsruhe bis dato nicht, weil wir es bisher immer geschafft haben, genügend Plätze zu generieren und anzubieten. Aber bei den gesetzlichen Aufgaben gibt es gesetzliche Ansprüche, die müssen erfüllt werden, weil sie ansonsten gerichtlich eingeklagt werden können. Jetzt haben wir die Möglichkeit, als Stadt die Standards zu erfüllen, die vom Bund gefordert sind, oder wir können sie übererfüllen. Ist es nicht so, dass in Karlsruhe manchmal die Standards noch ein bisschen gehoben werden, wir wollen es besser machen als anderswo? Ja, Letztendlich ist das eine Entscheidung der Fachlichkeit, welche Standards dann zum Ausfüllen der gesetzlichen Ansprüche definiert werden und natürlich auch die Ansprüche und die Vorstellungen, die der Gemeinderat mit einbringt. Wir haben in Karlsruhe im Vergleich zu anderen Städten natürlich schon sehr hohe Standards, aber die haben halt unsere Stadt auch in der Vergangenheit sehr liebenswert gemacht und wir haben auch eine sehr ausgeglichene Gesellschaftsstruktur, weil wir halt sehr flankierende Maßnahmen auch im Sozialbereich anbieten und das muss man halt auch auf der anderen Seite mit in die Abwägungsschale legen. Also wir haben jetzt die 80 Millionen stehen im Raum für nächstes Jahr. 80 Millionen, was bleibt übrig, wenn wir 80 Millionen wegnehmen? Ich habe gar keine Vorstellung, ehrlich gesagt. Ich habe vor den Sozialverbänden schon mitgekriegt, als sie gehört haben, 80 Millionen, Da kann man so ausrechnen, wie viel im Sozialbereich davon teilig gespart werden muss. Da sind schon richtig Ängste gekommen. Ist es überhaupt möglich, 80 Millionen zu sparen? Also wir haben keine andere Chance. Wir müssen unseren Haushalt diese 80 Millionen reduzieren, weil wir ansonsten die Genehmigungsfähigkeit für den Haushalt nicht erhalten. Mit der Folge, dass das Regierungspräsidium den vorgelegten Haushalt nicht genehmigen würde. Er würde wieder zurück in den Rat kommen mit dem Auftrag, bitte senkt eure Ausgaben, erhöht eure Einnahmen, einen genehmigungsfähigen Haushalt vorzulegen. Solange der Haushalt nicht genehmigt wird, kann eine Kommune nur nach dem sogenannten Nothaushalt verfahren. Das heißt, ich kann keine einzige neue Maßnahme, die im Haushalt vorgesehen ist, starten. Ich kann nur die gesetzlichen Pflichtaufgaben und die vertraglichen Verpflichtungen erfüllen. Das ist ein Gestillstand. Also das hatten wir in Karlsruhe bisher auch nicht. Das ist auch nicht der Anspruch, den wir an uns selber haben sollten. Wir haben es, Herr Keimer, in den letzten Jahren, und wir bewegen uns ja jetzt in der sogenannten vierten Stufe für den nächsten Doppelhaushalt, doch immer gemeinschaftlich geschafft, dass wir uns zu einem genehmigungsfähigen Haushalt zusammengerauft haben am Ende der Haushaltsberatungen. Und das ist eigentlich auch der Anspruch, den ich jetzt wieder Richtung Verwaltung abfordere, aber natürlich auch mir wünsche, dass wieder der Gemeinderat mit ins Boot geht, so wie in den vergangenen Jahren. Der Karlsruher Gemeinderat hat es bisher immer sehr gut geschafft, dann eine Balance zu finden und die Ziele ganzheitlich anzusehen, ein Ergebnis zu erreichen. Also auf der einen Seite das Sparpotenzial auszuschöpfen, auf der anderen Seite, haben Sie gerade das Wort gesagt, was mir gewisse Ängste auslöst, also Einnahmenerhöhung, Das bedeutet Gewerbesteuer, das bedeutet vielleicht auch Grundsteuer. Ist sowas geplant? Nein. Also aus Sicht des Finanzdezernates nein, wir werden keine Ertragssteigerung, so ist im Moment der Planungsstand, in den Raum stellen, weil sowohl die Grundsteuer jetzt durch die Reform sich erst mal ausrichten muss und zum zweiten die Gewerbesteuer letztendlich für die Unternehmen in der jetzigen Situation auch schon eine Herausforderung ist, in der Tat. Und wir das auch immer im Blick haben müssen, dass da auch eine gewisse Balance da ist. Das ist gut, gute Nachricht. So als letzte Frage oder Letztes Thema, Sie hatten es ja schon ein bisschen angesprochen, der Doppelhaushalt wird jetzt verabschiedet. Die Parteien bringen ja ihre Anträge mit ein, was man noch, also zum Streichen, aber auch zum Einführen neuer Maßnahmen. Wie könnte ein Prozedere aussehen, dass man wirklich auf diese gemeinsame Spur kommt, weil es war ja doch auch in den letzten Jahren auch immer mal wieder sehr knapp oder man hat dann doch am Ende doch ein bisschen was obendrauf gesattelt, was eigentlich ja langsam nicht mehr möglich sein wird. Gibt es da andere Möglichkeiten oder Prozedere oder auch nur die Verabschiedung von einem Jahr? Also unser Ziel ist wieder den Entwurf 1 Doppelhaushaltes einzubringen, weil natürlich dadurch wir eine bessere Planungssicherheit haben und man darf nicht unterschätzen, welcher Aufwand für die Erstellung und für die Vorbereitung, für die Haushaltsberatung auch hausintern Ressourcen bindet, die dann für andere Aufgaben nicht zur Verfügung stellen. Es ist ja nicht nur, dass der Kämmerer irgendwelche Zahlen auf dem Papier schreibt, sondern es muss ja mit den einzelnen Ämtern auch diese Budgets austariert werden. Und das ist also schon ein umfassender zeitlicher Prozess. Wir werden den Entwurf einbringen im Juli, so wie wir das momentan planen, Oberbürgermeister und ich. Und dann haben ja die Räte bis dahin, denke ich, auch die Vorschläge aus den Dezernaten und den Ämtern zur Erwirtschaftung dieser 80 Millionen, weil es ganz wichtig ist, dass die Verantwortung für die einzelnen Budgets in den Fachbereichen verortet ist. Das macht jetzt nicht der Oberbürgermeister oder die Finanzbürgermeisterin oder der Kämmerer, sondern die Verantwortung hinsichtlich der Reduktion ist in der Fachlichkeit zu verorten, weil dort natürlich auch die Kompetenz ist, zu sehen, wo kann ich an dem einen oder anderen Abstriche machen. Das ist für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht ganz einfach, weil das ist genauso wie zu Hause. Natürlich möchte man immer 100 Prozent und jetzt muss es vielleicht auch 80 Prozent reichen. Und dieser Prozess muss auch hausintern, muss auch Richtung Gemeinderat kommuniziert werden. Das werden sehr anstrengende Monate werden bis November. Gibt es dafür besondere Formate, wie die Räte zusammenkommen, auch mit der Verwaltung? Wir haben natürlich in der Verwaltung entsprechende Koordinierungsgespräche seitens der Stadtkämmerei und der Fachbereiche hinsichtlich der Aufstellung des Haushaltes. Wir haben jetzt die Vorgaben in die Ämter gegeben. Jetzt sind die Ämter erst mal am Zuge. Und dann geht es halt in die Plausibilisierung, wie in der Vorlage hat der Oberbürgermeister ja ausgeführt, dass dann die Vorschläge nochmal geprüft werden, ob sie rechtlich und haushaltstechnisch auch machbar sind. Und dann gibt es Runden mit dem Oberbürgermeister, da werden auch Gesamtpersonalrat mit einbezogen. Also wir ziehen auch die ganze Arbeitnehmerschaft mit ins Boot, sowohl die Fachpersonalräte, örtlichen Personalräte in den Ämtern, als natürlich auch der Gesamtpersonalrat auf der Ebene des Oberbürgermeisters und der Finanzbürgermeisterin. Und da haben wir auch eine sogenannte Steuerungsgruppe etabliert, die regelmäßig tagt. Das ist verwaltungsintern und dann kommt natürlich das Zusammenspiel mit dem Gemeinderat. Aber der Gemeinderat erwartet ja zunächst erstmal Vorschläge seitens der Verwaltung. Genau. Die Frage ist, im Endeffekt wird es so sein, dass Sie sagen oder der Oberbürgermeister, jetzt sollen so viele Prozente seines Budgets einbringen und da drin kann der Gemeinderat nichts mehr machen. Da kann er keine Schwerpunkte setzen und sagen, wir wollen mehr in dem Bereich sparen oder mehr in dem Bereich. Diese Vorfestlegung wird ja getroffen von der Verwaltung. Ist die definitiv fest oder könnten wir die als Gemeinderäte noch umschmeißen? Die ist letztendlich in der Hoheit des Oberbürgermeisters obliegt. Aber ich sage jetzt mal, die Quote, die auch in der Informationsvorlage ausgeführt wurde, mit 20, 40, 40 Prozent, also 20 Prozent bei den Transferkosten, 40 Prozent bei den Sachkosten und 40 Prozent bei den Personalkosten. Das hat der Herr Dr. Mentrup ja auch ausgeführt, dass es letztendlich auch darum geht, wir werden unseren Haushalt langfristig nur stabilisieren können, wenn wir unser Personal reduzieren. Das bedeutet nämlich auch, wenn ich Aufgaben abbaue, werde ich auch Personal abbauen. Und nur wenn ich das Personalbudget langfristig, nachhaltig reduziere, werde ich diesen Haushalt dann auch in Griff bekommen. Und deswegen ist diesmal diese Quote auf die Personalkosten auch relativ hoch. Das ist eine Herausforderung, weil auch dort in den Ämtern die Diskussion stattfinden muss, welche Aufgabe muss ich denn noch erfüllen und welche Aufgabe kann ich zur Disposition stellen. Aber auch diese Vorschläge müssen aus der Fachlichkeit kommen Und erst dann kann der Oberbürgermeister diskutieren mit den Amtsleitern und mit den Fachdezernenten und dann auch danach dann der Gemeinderat. Wir kommen jetzt langsam zum Schluss. Noch eine letzte Frage. Sie sagt, die Verwaltung wird ins Boot genommen, die Räte wird ins Boot genommen. Gibt es schon Ansätze, wie man die Gesellschaft mit ins Boot nimmt oder Öffentlichkeitsarbeit macht, diese Situation auch nochmal zu erklären und nahbar zu machen? Also es gibt verschiedene Kommunikationsformate, die wir natürlich haben, also mit Homepage und Pressemitteilungen, Pressekonferenzen. Also das Thema, das wird schon kommuniziert. Die Fachdezernenten haben natürlich auch den Auftrag, mit ihren entsprechenden Gruppengesprächen zu führen. Und das ist dann breit gefächert, weil eine zentrale Steuerung, dass alle zusammen dann das diskutieren, das wird schwierig. Deswegen brauchen wir das in verschiedenen Stufen. Letztendlich entscheidet dann der Gemeinderat. Genau, darauf wird es hinauslaufen. Herzlichen Dank, dass Sie da waren und vielen Dank fürs Zuhören und dabei bleiben und gerne abonnieren oder einen Kommentar dalassen. Bis zum nächsten Mal. Wiedersehen. Vielen Dank für die Einladung. Untertitel von Stephanie Geiges